Samstag, 16.06.2012 | 21:51 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Ingo Merse ist Anfang 40, geschieden, Hornist und wohl das, was man als „Weichei“ bezeichnen würde. Zeitlebens stand er unter dem Pantoffel verschiedener Frauen – wie seiner Schwester Barbara und seiner Exfrau Dagmar -, die ihn drangsaliert haben und von denen er sich hat drangsalieren lassen.
Wie jeden Sommer sucht er Erholung in der Ferienwohnung seiner Schwester in Wenningstedt auf Sylt. Da tritt die attraktive Annemarie Luner vor seinen Strandkorb … Soweit die Ausgangsposition in Karin Nohrs Debütroman „Herr Merse bricht auf“. Besagter Herr Merse hadert permanent mit sich selbst, führt fiktive Gespräche mit Johannes Brahms oder der Hauptfigur Ulrich in Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“.
Das alles driftet auf einem schmalen Grat: Man fragt sich bei der Lektüre, ob man diesen „Herrn Merse“ nun sympathisch, weil sensibel, belesen und einfühlsam finden soll, oder ob er einem nicht doch auch etwas auf die Nerven geht mit seiner dauerhaften Unsicherheit.
„Herr Merse bricht auf“ ist mehreres zugleich: ein Liebesroman und ein Roman über jemanden, der versucht, die Zwänge abzuschütteln, die seine Charaktereigenarten ihm aufstülpen – Schwäche in Stärke umzuwandeln. Ob er – bei diesem und bei jenem – Erfolg hat, sei an dieser Stelle nicht verraten. Insgesamt zwar nicht überragend gut, aber immerhin doch lesenswert.
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Karin Nohr: Herr Merse bricht auf.
Knaus-Verlag, April 2012.
288 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
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