Samstag, 22.10.2005 | 19:50 Uhr
Autor: Sebastian Keil
Rezensionen blog-style, mal schauen, wo das hinführt…
(Oliver, danke für die Einladung und die Gelegenheit, WordPress auszuprobieren)
Gegenstand ist die Buchmessen-Beilage der FAZ vom Mittwoch.
Metarezension soll heißen, ich rezensiere die Rezension…
Da lacht mich ein großes Foto an, was überhaupt nicht nach Kuba aussieht. Allerdings habe ich schon viel über Politycki gelesen, leider noch nichts von ihm, bin also neugierig. Hauptdarsteller ist ein blasser Hamburger Prokurist namens Broder Broschkus, eine „saturierte westeuropäische Existenz mit Bügelfaltenleben“, der „die dionysisch Lust, den Rausch, das Irrationale“ sucht; in Kuba.
So weit, so gut, irgendwie bin ich interessiert. Ich habe noch nie einen Roman gelesen, der in Kuba spielt, oder doch? Fiesta ist doch Portugal, oder? Der Name der Hauptperson und die Charakterisierung lassen auf einen witzigen Roman schließen, was Rezensentin Sandra Kerschbaumer bestätigt, denn witzig, das könne Politycki ja und hier beginnt mein Unmut, denn Kerschbaumer schreibt eine kleine Hausarbeit, keine Rezension.
Ich fühle mich an meinen 1b-Literaturkurs erinnert. Ich würde gerne wissen, was Broder erlebt in Kuba, bzw. was der Kern der 700 Seiten ist. Die Suche nach dem Herrn der Hörner? Klar, 200 Zeilen wollen gefüllt werden, es ist eine lange Rezension, aber an diesem Freitag Morgen bin ich nicht in Stimmung für eine wissenschaftliche Abhandlung (vielleicht bin ich es auch nicht mehr gewohnt). Ich lese, dass Politycki sich Wiederholungen bedient, ja ganze Szenen und Episoden würden wiederholt, dem Anspruch dienend, „nicht nur gesellschaftlich relevantenten, sondern auch inszenierten Realismus zu vertreten.“ Wie schön. Das mag so sein, wenn man das Buch mit literaturwissenschaftlichem Fokus rezipiert, aber geht es auch einfacher? Ich verstehe schon, was damit gemeint ist, habe ja Literaturwissenschaft studiert, aber, um hier die alte Frage wieder zu fragen, wird da nicht ein wenig viel hinein interpretiert?
Kerschbaumer fixiert sich weiterhin auf Nietzsche. Politycki berufe sich auf das frühe und das späte Werk von Nietzsche, das mittlere, „mit den feinen Analysen der Moderne und ihrer Modernismen“ spare er aus. Ja toll, sage ich mal.
Ich bin geneigt, Herr der Hörner zu lesen. Die Hauptperson hört sich interessant genug an; die Erlebnisse auf der Suche nach seinen Dämonen stelle ich mir lesenswert vor. Von der im Motte des Artikels angekündigten Sause berichtet mir die Rezension nicht genug, wie Nietzsche die genießen soll („Politycki gönnt sich und Nietzsche eine Sause.“) bleibt mir ein Rätsel, ich würde denken er gönnt sie dem Leser.
Matthias Politycki: „Herr der Hörner“; Hoffmann & Campe Verlag, HH, 2005; 736 Seiten, 25 Euro.
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