Sonntag, 11.02.2024
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Sonntag, 24.12.2023
Autor: oliverg
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Montag, 27.06.2022
Autor: oliverg
Mittwoch, 11.05.2022
Autor: oliverg
Montag, 04.10.2021
Autor: rwmoos
Geschichtsliebe vs. Geschichtsdiebe
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Um es gleich vorwegzunehmen: Wenn Sie möchten, dass Ihre 8-13jährigen an verregneten Urlaubstagen mal nicht beim Daddeln verdampfen, schenken Sie ihnen dieses Buch: Es wird für sie eine sehr schöne Ferienlektüre. Sie werden nur im Anschluss mit ihnen nach Prag fahren müssen.
Die Geschwister Jana und Pavel sind eigentlich fast ganz normale Prager Kids. Der Dritte im Bunde ist ihr ein wenig zu lebhafter Hund Streusel, der Süßigkeiten wegputzt wie nix. Zusammen verdienen sie sich mit Gespenster-Auftritten bei Gruselführungen für Touristen ein kleines Zubrot. Vielleicht deshalb interessieren sie sich ein wenig mehr für Geschichte und Geschichten ihrer Stadt, als man das für den Durchschnitt ihrer Altersklasse erwarten dürfte. Sie kennen sich mit Rabbi Löw und seinem Golem ebenso aus wie mit dem Flussgeist Purkrábek und dem bis heute unentzifferten Voynich-Manuskript. Natürlich kennen sie auch die Geschichten um die Rathausuhr und ihr Glockenspiel, vor dem die Touristen immer stehen, als wollten sie sich „auf Teufel komm raus einen steifen Nacken holen“.
Zudem führt sie jeder Sonntag in das kleine private Museum der alten, freundlichen aber auch geheimnisumwitterten Frau Vondrácková, wo sie ihr Wissen noch einmal erweitern.
Als sich eines Tages das Verhalten und Befinden von Frau Vondrácková abrupt ändert, schwant den drei Helden der Geschichte noch nicht, dass dahinter eine Organisation steht, die nichts weniger als den kompletten Untergang der Stadt im Schilde führt.
Bald sind die drei die Einzigen, die diesen Untergang aufhalten können. Geleitet von einer an eine Schnitzeljagd gemahnenden Brief-Kette und einigen verborgenen Helfern stellen sie sich ihrer Aufgabe: Die Geschichte und die Geschichten der Stadt vor der Vernichtung retten und damit der Stadt ihre Identität bewahren. Aber geht es nur um die Stadt? Oder ist die Stadt ein Symbol ihrer eigenen Identität?
Das alles wäre ja noch ein wenig einfacher, wenn Jana nicht wegen eines traumatischen Kindheitserlebnisses so unter Klaustrophobie leiden würde …
Vielleicht sollte man sich den Stadtplan im Einband des Buches ein wenig ausführlicher und präziser wünschen. Für junge Menschen, die mit der Örtlichkeit nicht vertraut sind, wäre das hilfreich. Andererseits: Prag hat nicht nur mehr schöne und historisch bedeutsame Ecken als die meisten anderen Großstädte – es ist auch eine Stadt, die sich selbst erklärt. Was ich damit meine? Nun: Ich war acht oder neun Jahre alt, meine Familie hatte sich irgendwo in jenen Studentenwohnheimen der Universität einquartiert, die in den Semesterferien leer standen und ließ sich von einem exkommunizierten Priester, der die Stadt wie seine Westentasche kannte, in einer knappen Woche durch sämtliche Sehenswürdigkeiten jagen, die sich hier am Moldau-Ufer zusammen gefunden hatten. Eines Nachmittags verlor ich den Rest der Truppe aus den Augen und träufelte erst am Abend wieder bei den Unterkünften ein. Während meine Eltern kurz vor dem Herzkasper standen, bestaunte ich auf eigene Faust all die Dinge, die einen Neunjährigen in solch einer Stadt interessieren und ließ mich schließlich, als ich müde wurde, mit der Tram an den Stadtrand kutschieren. Ich hatte die ganze Zeit überhaupt keine Angst, außer davor, beim Schwarzfahren erwischt zu werden. In einer derart in sich stimmigen Stadt konnte ich mich einfach nicht verirren. Meine armen Eltern sahen das damals leider offenbar ganz anders und improvisierten einen pädagogisch äußerst fragwürdigen, aber entfernt der Wirklichkeit entsprechenden Stadtplan – handwerklich gar nicht mal ungeschickt – auf meinem Hinterteil. Ein einprägsames Erlebnis also.
Jahre und pädagogische Universen später, als ich auf der Rückreise von einem Urlaub meinen eigenen Kindern die Stadt ans Herz legen wollte, bekam meine Zuneigung zu Prag einen herben Dämpfer: Es regnete wie verrückt und wir hatten den Familienbus kurz abgestellt, um gemeinsam in einem Restaurant zu Mittag zu speisen. Nachdem die seltsam überteuerte Rechnung beglichen worden war, musste ich am Vorderrad des VW-Busses eine Parkkralle feststellen. Mitsamt einem Aufkleber an der Scheibe des Inhalts, wo am Stadtrand ich mich zwecks Auslösung des Fahrzeugs zu melden habe. Irgendwie hatte ich wohl im Regen beim Einparken ein Verbotsschild übersehen. Mit sieben Kindern im Schlepptau hielt sich das Entzücken ob der nun in Aussicht stehenden Tagesumplanung in Grenzen. Ich war vielmehr derart wütend, dass ich mit Hilfe eines alten ostzonalen Eisensägeblatts und bloßen Händen bei wiedereinsetzendem wolkenbruchartigen Regen den Qualitätsstahl der Kralle in zehn Minuten durchgesägt hatte. Meine Frau stand indessen Schmiere. Es hat vierzehn Tage gedauert, bis die Eisenspäne aus meinen Handflächen wieder heraus geeitert waren. Die Reste der Parkkralle habe ich als mahnendes Souvenir mitgenommen und geschworen, diese Stadt nie wieder mit meiner Anwesenheit zu beehren…
Und dann liest man so ein liebevoll geschriebenes Buch. Eine einzige Hommage an die Goldene Stadt. Mit den drei Helden zusammen taucht man auch als Erwachsener derart in die Prager Geschichte und die Legenden ein, dass man am Ende doch wieder die Familienkutsche betankt und losfährt, um dem vom Elternhaus noch nicht ausgeflogenen Rest-Nachwuchs, die Dinge, die er in dem Buch kennen gelernt hat, in real life zu zeigen.
Auch auf die Gefahr hin, dass man dann mitsamt einer Menschentraube in Erwartung des Glockenspiels vorm Alten Rathaus steht, als wolle man sich „auf Teufel komm raus einen steifen Nacken holen“.
Reinhard W. Moosdorf
Tüchersfeld, den 03.10.2021
PS: Beeindruckend ist auch, dass die Autorin der Illustratorin Barbora Kysková, die für die durchaus anspruchsvollen Bilder verantwortlich zeichnet, auf dem Titel einen gleichberechtigten Platz einräumt. Solche kleinen Gesten sind es doch, die die literarische Welt ein wenig lebenswerter machen.
Dienstag, 07.09.2021
Autor: rwmoos
Irrfahrten sind menschlich
Meine Herzdame liest gerne Krimis. Also lasse ich Kriminalromane, die ich rezensieren soll, zuvor von ihr goutieren und bitte sie danach um ein paar Best-Off-Zeilen. Letztere verwebe ich dann in meine Rezension.
Allen ist geholfen. Der Verlag hat dabei den größten Vorteil, da die Reze auf dem Lese-Erlebnis einer tatsächlichen Zielperson beruht und nicht nur auf dem gelangweilten Produkt eines Schreiberlings.
Soweit der Plan.
Das tatsächliche Leben funzt aber anders: Das Buch findet sich ganz unten im Urlaubs-Lese-Stapel der Herzdame wieder. Da liegt es auch drei Tage vor Urlaubsende noch. Ich aber fühle mich dem Verlag gegenüber verpflichtet. Was also bleibt dem vom Leben gebeutelten Rezensenten? Ich mache ich mich selbst daran, das Buch zu lesen, obwohl ich in dieser Woche eigentlich ganz andere Sachen abarbeiten wollte.
Und war da nicht auch was mit Urlaub …? Ach was. Freizeit wird überschätzt. Und mein Leben ist so, wie es ist: Kompliziert, aber ohne Abenteuer.
Also fläze ich mich, wenn alle anderen zu Bett gegangen sind, in einen Korbsessel und lese, was andere so erleben. Naja, eigentlich lese ich ja, was sich andere in ihrem Sessel ausgedacht haben: Wie Leben funktionieren würde, wenn es so laufen würde, wie sie es sich vorstellen: Kompliziert, aber voller Abenteuer.
Der erste Eindruck ist ein bibliophiler: Hardcover, Schutzumschlag und das Besondere: Im Einbandinneren die liebevoll gestaltete Skizze eines Dreimasters. In ihrer Ausführung die Mitte zwischen Detailverliebtheit und groben Ungenauigkeiten geschickt ausbalancierend.
Das geschickte Ausbalancieren gehört ja zum Schiffbau dazu.
Die Beschriftung der Zeichnung ist auf alt gemacht – zwar weder Deutsch noch Sütterlin, aber zumindest ein wenig in diese Richtung. So, dass es auch noch lesbar für Millenials ist. Auch hier also: Geschickt ausbalanciert.
Voller positiver Vorurteile blättere ich weiter.
Eine Widmung des Autors. Liebevoll verfasst an die eigene Tochter, die des Lesens zwar noch lange nicht mächtig ist, aber später mal wissen soll: Dieses Buch hat der Vater ihr allein gewidmet. Eine Zuneigung in die Zukunft. Sympathisch.
Dann die Vorstellung der Protagonisten der Story. Für Leute, die sich keine Namen merken können ist das ein Segen bei der Lektüre. Ich weiß es zu schätzen.
Bislang wurden also lauter Pluspunkte auf die Fährte gestreut.
Und dann geht’s endlich los.
Nach anfänglichen Holprigkeiten, auf die ich gleich zurückkommen werde, wird in diesem Buch eine komplexe und spannende Geschichte erzählt, der insbesondere in ihren Schlusswendungen auch eine gewisse Tiefe zugesprochen werden darf.
Wie aus Angst auch intelligente Leute Torheiten begehen, was Unerschrockenheit alles nicht mit Tapferkeit zu tun hat, wie Pläne ge- und misslingen – all das hat der Autor zwischen seine Buchdeckel und in den Schiffsbauch seines dreimastigen Ostindienfahrers gesteckt.
Nachdem ich mich erst einmal in der Story vorgearbeitet hatte, habe ich das Buch dann auch gern zu Ende lesen. Zunächst aber muss ich auf die Implikationen zu sprechen kommen, die in dem Wörtchen „nachdem“ stecken.
Die Vorstellung der Charaktere in den Eingangskapiteln ist in mehrerlei Hinsicht derart unglaubwürdig, dass es gerade am Anfang nur schwer gelingt, sich in Zeit und Handlung entführen zu lassen. Zwar begründet der Autor im Nachwort diesbezügliche Nachlässigkeiten in technischer, historischer und sprachlicher Hinsicht damit, dass eine entsprechende Genauigkeit nicht der Handlung im Wege stehen sollte, aber das ist so nicht nachvollziehbar.
Es ist nämlich nicht nur so, dass die Handelnden eine Sprache sprechen, die nicht in das 17. Jahrhundert passt. Das allein wäre als gewollter Stilbruch tolerabel. Es ist auch nicht nur so, dass hier Gedankenfelder gespannt werden, denen im 17. Jahrhundert einfach noch die Voraussetzungen fehlten. Auch das könnte man noch als Stilmittel akzeptieren.
Vielmehr sind die Charaktere in sich nicht stimmig.
Und das ist einem Romanautor nur wirklich nur schwer zu verzeihen.
Ein Beispiel:
Da ordnet die Heldin Sara gleich zu Beginn die Ermordung eines Schwerverletzten „aus Mitleid“ an und lässt ihre minderjährige aber hochbegabte Tochter dabei zusehen. Die nimmt die Begebenheit gefasst auf: So ist das Leben. Kompliziert und voller Tod am Straßenrand. Cool.
Als pädagogisches Highlight sicher diskutabel, doch das ist nicht einmal der Punkt. Wenn aber selbige Tochter später auf dem Schiff wegen ein paar abgeschlachteter Hühner und Schweine gleich losheult und von ihrer Mutter tröstend weggeführt wird, dann ist das extrem uncool. Dann sind nämlich die Charaktere einfach nicht mehr stimmig. Das ist der Punkt.
Und das ist im Buch leider auch keine Ausnahme, sondern die Regel.
Das ist auch nicht als charakterliche Entwicklung oder als innerer Widerspruch eines Charakters misszuverstehen. Eine solche Entwicklung müsste ausgeführt werden, müsste an Brüchen und Erlebnissen oder Gedanken erkennbar nachvollzogen werden können.
Aber davon, dass charakterliche Entwicklungen reiften, ist hier wenig erkennbar. Auch bei den anderen Protagonisten nicht. Und wenn – dann haben diese Entwicklung oder diese Brüche irgendwann in der Vergangenheit stattgefunden. So wenn man im Laufe der Erzählung erfährt, dass der eine oder die andere eigentlich ein ganz anderer Charakter ist, als dies eingangs den Anschein hatte. Da ist doch für die Story selbst von vornherein alles schon fertig.
Das macht die Figuren derart hölzern, dass man manchmal den unangenehmen Eindruck hat, hier habe ein Debütant den eigentlich gut angelegten Plot eines erfahrenen Autors illustriert.
Auch technisch passt zu viel einfach nicht – und auch hier gerät die Entschuldigung am Schluss bestenfalls zur Ausrede.
Um das klarzustellen: Es geht mir nicht um Feinheiten in Hierarchie und Ausstattung eines Ostindienfahrers. Es geht mir vielmehr um physikalische Grundsätze: Auf einem alten Frachtschiff konnte man im Laderaum keine irrgartenähnlichen Gänge zwischen den Kisten lassen – da wäre doch alles bei der ersten Welle verrutscht! Wozu auch den teuren Raum verschwenden, wenn während der Fahrt keiner an die Ladung heran muss!
In der Geschichte sind dann die schweren Kisten zwar schon auch mal „verankert“. Doch dann können sie an anderer Stelle auch wieder mal eben so beiseite geschoben werden …
Oder die Story, dass man nicht genug Nahrung für die Passagiere hätte laden können, weil der Frachtraum schon zu voll gewesen wäre! Für einen Zeremonialplatz – im Laderaum! – hat es aber dann doch noch gereicht. Dort habe man auch unbeobachtete Kerzen zu einem Altar angezündet. Leute! Da hätte man doch gleich das Schiff komplett abfackeln können. Versetzt sich denn da niemand, weder Autor noch Lektor, in die Situation eines Ostindienfahrers wenigstens ansatzweise rein?
Oder das: Mitten während der Fahrt – so die Auflösung eines Rätsels – schwimmt ein Mann entlang der Bordwand, um woanders eine Leiter zu erklimmen. Bei einem Segelschiff in voller Fahrt auf hoher See!
Oder die Fiktion, dass ein junges Mädchen einfach so aufgrund ihrer Begabung einen Himmelsglobus konstruiert. Ohne Vorbilder, ohne Ausbildung, ohne Lehrer, ohne überhaupt irgendwas.
Das ist ein dermaßen technischer Schwachsinn, dass man es auch mit viel guten Willen nicht mehr durchgehen lassen kann. Erfindungen brauchen ein Fundament, einen Stand des Wissens, Vorgänger, auf denen sie aufbauen etc.: Ohne Laufrad kein Hochrad, kein Fahrrad. Hätte man dem Super-Hirn-Girl nicht wenigstens einen verkannten Lehrer in die Krippe legen können?
Von dieser Art gibt es so viel in dem Buch …
Wie gesagt – ein oder zwei dieser Fails wären akzeptabel. Auch wenn man daraus einen Stil à la Steampunk bastelt, mag es noch angehen. Die technischen Brüche würde man dann vielleicht sogar noch schlucken, wenn nur die Charaktere stimmig wären, aber so?
Als schlichte Fehlerkette bleibt das alles nervig und reißt wegen dieser allzu sichtbaren Ungereimtheiten immer wieder aus der Handlung heraus, anstatt, wie vom Autor laut Nachwort beabsichtigt, darauf zu konzentrieren.
Schade. Aus dem Plot hätte man mehr machen können. Falls es mal zu einer Verfilmung kommt – und das möchte man der Geschichte wünschen – sollten sich ein paar gute Drehbuchschreiber drum kümmern. Dann wird der Film sicher besser werden als das Buch.
Und das ist dann doch nun wirklich ein Kompliment.
Tüchersfeld, den 03.09.2021
Reinhard W. Moosdorf
Tags: Belletristik: Krimi, Fantasy
Kommentare deaktiviert für Stuart Turnton: Der Tod und das Dunkle MeerSonntag, 30.05.2021
Autor: oliverg
Sonntag, 03.01.2021
Autor: Andreas Schröter
Tom Barbash, ein US-amerikanischer Autor siedelt seinen Roman „Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens“ Ende der 70er-Jahre in Manhattan an. Adam Winter versucht, die Karriere seines Vaters Buddy, eines Showmasters, wieder in Gang zu bringen. Der hatte eine Art Nervenzusammenbruch und hat mitten in einer Live-Sendung das Studio verlassen. Nun jedoch möchte er wieder arbeiten. Die Familie lebt im berühmten Dakota-Building, wo zahlreiche Prominente wie die Filmschauspielerin Lauren Bacall oder Beatle John Lennon mit Yoko Ono wohnen. Auch für den Horrorfilm „Rosemary’s Baby“ diente das Gebäude als Kulisse.
Man liest diesen Roman locker weg und freut sich an den zeitgeschichtlichen Einsprengseln, zum Beispiel an der Präsidentschafts-Kandidatur Ted Kennedys, für die sich Adams Mutter engagiert, an der Samstagsabends-Show mit der amerikanischen Fernseh-Legende Johnny Carson, an den vielen Prominenten wie Katherine Hepburn, die in den verschiedenen Fernseh-Shows ihre Geschichten erzählen, und natürlich an John Lennon, mit dem Adam einen gefährlichen Segeltörn unternimmt – ein Mix aus Fiktion und historischen Ereignissen und Persönlichkeiten. So gesehen ist dieser Roman sicherlich ein nostalgischer Leckerbissen für Fans der jüngeren amerikanischen Geschichte, vor allem der Popkultur.
Diese Mixtur gelingt zwar – allerdings fragt man sich am Ende doch, was nun eigentlich der Kern dieser Geschichte sein soll. Die Hommage an John Lennon und an einen bestimmten Ort vor gut 40 Jahren oder der Versuch des Sohnes, für den übrigens etwas blass und unscharf bleibenden Buddy eine Zukunft im Fernsehen zu finden?
———————-
Tom Barbash: Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens.
Kiepenheuer&Witsch, August 2020.
352 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.
Freitag, 04.12.2020
Autor: Andreas Schröter
Eine Hommage an die gute alte Kirmes und die Menschen, die dort arbeiten, ist Philipp Winklers kurzer Roman „Carnival“. Er erweckt die Schwertschlucker und Messerwerfer, die Zuckerwatte und das Riesenrad, den Schießstand und das Kettenkarussell zum Leben und beschreibt das Ganze als etwas, das im Grunde zu einer untergegangenen Zeit gehört. Mit den Vergnügungen von heute in Multiplexkinos oder an der Playstation hat das nur noch wenig gemein.
Dabei werden die „Kirmser“ als eine eingeschworene Truppe dargestellt, die geradezu in einer anderen Welt leben als die Besucher – die „Marks“ und „Steifen Jonnys“ –, auf deren Geld sie so dringend angewiesen sind.
Der Star in diesem Roman ist eindeutig die Sprache. Winkler nähert sich seinem Thema auf eine fast poetische Weise, die eine große Zärtlichkeit für die oft unglücklichen Gestalten mit trauriger Vorgeschichte ausdrückt, die mit einer Kirmes durch die Lande ziehen.
Da sind die „Grobiane“, die für den kräftezehrenden Auf- und Abbau zuständig und nicht selten auf der Flucht vor dem Gesetz sind. Oder die Frau auf der Suche nach Liebe, deren Kinder bei Adoptiveltern leben und die sich per Schrotflinte bei ihrem Ex-Mann gerächt und dafür für einige Jährchen im Knast gesessen hat.
Das Leben mit Campingkocher auf vom Regen aufgeweichten Schlammboden und ständig kaputten Generatoren ist genauso ein Thema wie das abendliche traute und beinahe romantische Zusammenhocken zwischen den Wohnwagen bei Grill-Gerüchen.
Höhepunkte in „Carnival“ sind eine Hochzeit, bei der die Gemeinschaft noch einmal alles auffährt, was sie ausmacht, und der Tod des alten Ticketverkäufers Kuut. Den stellt Winkler ans Ende eines Romans und nimmt ihn als Metapher für den Tod der gesamten Branche.
Insgesamt ein herrlich nostalgischer Roman, der Kindheitserinnerungen weckt.
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Philipp Winkler: Carnival.
Aufbau, August 2020.
119 Seiten, Gebundene Ausgabe, 14,00 Euro.
Sonntag, 27.09.2020
Autor: oliverg
Sonntag, 23.08.2020
Autor: Andreas Schröter
In seinem schmalen Roman „Turbulenzen“ erzählt der kanadisch-britische Autor David Szalay zwölf kleine Geschichten von Menschen, die sich zwar zufällig begegnen, deren unterschiedliche Schicksale aber ansonsten wenig miteinander zu tun haben. Immer geht es dabei ums Fliegen. Und so sind auch die einzelnen Kapitel nach Flugrouten betitelt: „Von London nach Madrid“ oder „Von Madrid nach Dakar“.
In der ersten Geschichte erleidet eine ältere Dame einen Zusammenbruch. Sie kehrt vom Besuch ihres Sohnes zurück, der an Prostatakrebs erkrankt ist. Im Flugzeug neben ihr sitzt ein senegalesischer Geschäftsmann, der in Dakar erfahren muss, dass sein Sohn einen Motorradunfall hatte. Wegen dieses Unfalls kommt ein Flugkapitän zur spät zur Arbeit. Und so geht es immer weiter, bis sich am Ende der Kreis schließt und wir mit dem letzten Flug von Budapest nach London wieder bei dem an Krebs erkrankten Mann ankommen.
So gesehen ist dieser Roman nicht nur eine Reise um die Welt sondern zugleich eine literarische Anordnung wie in Arthur Schnitzlers Klassiker „Reigen“.
David Szalay, geboren 1974, bedient sich dabei eines sehr knappen und prägnanten Stils, der die menschlichen Katastrophen, die seine Figuren erleiden, stark hervortreten lassen. Denn immer geht es ums Große und Ganze – ums Verlassen-Werden, um lebensbedrohliche Erkrankungen, um einen Mann, der seine Frau schlägt, um eine verheimlichte Homosexualität, um eine brüderliche Hassliebe, um die Liebe und den Tod.
Die Emotionen, die diese Szenarien freisetzen, werden im Buch zwar nicht explizit benannt, leuchten aber dennoch – quasi zwischen den Zeilen – umso deutlicher hervor – wie bei einem Maler, der mit nur wenigen Pinselstrichen ein Meisterwerk erschafft.
Mit seinem früheren Werk „Was ein Mann ist“, das in Deutschland 2018 erschienen ist, kam Szalay 2016 auf die Shortlist des Man-Booker-Preises.
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David Szalay: Turbulenzen.
Hanser Verlag, August 2020.
136 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,00 Euro.
Montag, 17.08.2020
Autor: Andreas Schröter
Was passiert, wenn die Welt der Reichen, Schönen und Erfolgreichen plötzlich Risse bekommt, das seziert die 1972 geborene französische Autorin Karine Tuil aufs Allerfeinste.
In ihrem sehr lesenswerten Roman „Menschliche Dinge“ sieht sich der Elitestudent Alexandre Farel plötzlich mit einem Vergewaltigungsvorwurf konfrontiert. Er stammt aus einem priviligierten Elternhaus, in dem der berufliche Erfolg über allem steht. Sein Vater ist der egoistische und skrupellose Fernsehmoderator Jean, der sich mit deutlich jüngeren Geliebten vergnügt und für den beruflichen Erfolg über die sprichwörtlichen Leichen geht. Seine Mutter ist die erfolgreiche feministische Sachbuch-Autorin Claire. Auch diese beiden Figuren und ihr (verkorkstes) Liebesleben spielen eine zentrale Rolle im Roman.
Dann läuft eine Party, bei der Drogen und Alkohol im Spiel sind, aus dem Ruder. Alexandre bedrängt die völlig unerfahrene Mila sexuell, die aus einem streng gläubigen jüdischen Elternhaus stammt. Sie ist völlig verzweifelt und erstattet Anzeige.
Einen Großteil des Buches nimmt der nun folgende Gerichtsprozess ein, und ein großer Verdienst der Autorin ist, dass sie keinesfalls klar Stellung bezieht. Beide Varianten des verkorksten Abends scheinen glaubwürdig – „es gibt zwei Wahrheiten“ heißt es irgendwo im Buch -, und so ist der Leser hin- und hergerissen, ob er sich auf die Seite des eloquenten, weltgewandten und intelligenten Jünglings oder der schüchternen, unscheinbaren und etwas verklemmt wirkenden jungen Frau schlagen soll.
Natürlich ist der Roman vor dem Hintergrund der MeToo-Bewegung entstanden, und er beleuchtet ihre zwei Seiten: einerseits die lange notwendige Thematisierung und Verurteilung von sexualisierter Gewalt gegen Frauen, andererseits aber womöglich auch ihre Auswüchse in Form von Stigmatisierung und vorschnellen Urteilen gegen manche Männer.
Zuweilen erinnert dieser Roman an einen großen Vorgänger: „Fegefeuer der Eitelkeiten“ von Tom Wolfe. In beiden Texten gelingt den Autoren ein äußerst glaubwürdiges Porträt der so genannten „High Society“ und den wenig schmeichelhaften Tricks, wie sie ihre (Schein-)Welten nach außen hin aufrecht erhalten.
Karine Tuil wurde zu diesem Roman vom „Fall Stanford“ inspiriert. Im Januar 2015 hat ein Elitestudent der Stanford-Universität eine bewusstlose Frau hinter einem Müllcontainer missbraucht. Die Autorin ist für diesen Roman mit dem „Prix Goncourt des Lyceens“ und und dem „Prix Interallié“ ausgezeichnet worden.
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Karine Tuil: Menschliche Dinge.
Claassen, August 2020.
384 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.
Donnerstag, 06.08.2020
Autor: Andreas Schröter
Nachdem in diesem Jahr mit „Jenseits der Erwartungen“ bereits ein großer Roman des amerikanischen Schriftstellers Richard Russo erschienen ist, lässt der Dumont-Verlag nun noch ein schmales Bändchen unter dem Titel „Sh*tshow“ aus seiner Feder folgen. Der Text darin ist kein Roman, sondern eher eine Erzählung.
Darin geht‘s um drei Paare, deren Leben sich nach der Wahl Trumps zum US-Präsidenten verändert. Gegenseitiges Misstrauen kommt auf (haben wirklich alle Freunde für Hillary gestimmt?), und die Ehe von David und Ellie scheint zu zerbrechen, nachdem Ellie im Whirpool menschliche Fäkalien gefunden hat. Nach weiteren Funden dieser Art wird sie fast paranoid und weigert sich, weiterhin im gemeinsamen Haus zu leben.
Richard Russo, der bekannt ist für seine groß angelegten psychologisch aufs Genaueste nachgespürten Gesellschaftsepen, geht hier vergleichsweise sparsam zu Werke. Seine Figuren charakterisiert er nur kurz, weil ihm diesmal die Aussage, die hinter dieser Parabel steckt, wichtiger ist als die Psychologie: Ein von Fäkalien beschmutztes Haus ist wie ein Land, in dem jemand wie Donald Trump Präsident werden kann. In beidem möchten und können nicht alle unbeschwert weiterleben.
Auch wenn die Prise an schwarzem Humor, mit der dieser Text geschrieben ist, durchaus erkennbar und wohltuend ist, dürfte die dauerhafte Beschäftigung mit Fäkalien in diesem Buch nicht jedermanns Sache sein, denn nach dem Pool-Fund ist in dieser Angelegenheit noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.
Mit einem solchen Ausflug ins Politische steht Richard Russo unter den großen Schriftstellern in diesem Jahr nicht allein dar. Auch sein britischer Kollege Ian McEwan hat bereits unter dem Titel „Die Kalerlake“ ein schmales Bändchen vorgelegt, in dem er den britischen Premierminister mit Ungeziefer vergleicht.
Russo-Neulingen sei hiermit eher eines der älteren Werke des Pullitzer-Preisträgers empfohlen – „Ein Mann der Tat“ zum Beispiel oder „Diese gottverdammten Träume“.
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Richard Russo: Sh*tshow: Erzählung.
DuMont Buchverlag, Juli 2020.
80 Seiten, Gebundene Ausgabe, 10,00 Euro.
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