Freitag, 07.02.2020 | 11:40 Uhr

Autor: Christiane Geldmacher

Matthias Glaubrecht: Das Ende der Evolution

Ein spannendes Buch: „Das Ende der Evolution“ von Evolutionsbiologe und Wissenschaftshistoriker Matthias Glaubrecht. Glaubrecht hat Zoologie und Paläontologie in Hamburg studiert, Forschungsaufenthalte in Sydney am Australian Museum absolviert und er war Kurator am Museum für Naturkunde in Berlin. Heute leitet er eine der größten zoologischen Sammlungen Deutschlands im Centrum für Naturkunde in Hamburg.

Glaubrecht beschreibt in seinem sehr umfangreichen Buch, wie der Klimawandel und das Artensterben nach so vielen Jahrzehnten der wissenschaftlichen Erkenntnisse endlich auf der Straße angekommen sind. Heute treibt die Wissenschaft die Menschen und die Politik vor sich her – dazu bedurfte es in Europa nur zweier außergewöhnlich heißer Sommer. Jetzt konstatieren alle die Bevölkerungsexplosion, die Ressourcenverknappung, die Umweltzerstörung und: das Artensterben.

24 Prozent aller Säugetiere sind bedroht: 41 Prozent der Amphibien, 29 Prozent der Reptilien, 23 Prozent der Fische. Die großen Säugetiere sind mittelfristig nur noch in Naturparks oder Zoos zu bewundern; die Vögel haben keine Lebensgrundlage mehr und mit ihnen die Insekten. Der Mensch ist die invasivste Art der Erde, der die Existenz aller anderen Arten gefährdet.

Glaubrecht fordert, der menschlichen Überpopulation die Schlüsselrolle beim Verlust der Artenvielfalt und der natürlichen Lebensräume zuzuweisen. Das heißt nichts anderes, als sich nicht exponentiell zu reproduzieren und die Geburtenrate den Ressourcen des Planenten Erde anzupassen. Ein Drittel der Erde soll unter Naturschutz gestellt werden, Wälder aufgeforstet werden, Monokulturen und Massentierhaltung abgeschafft werden, Städte nicht weiter ausufern, sondern im Gegenteil rückgebaut werden.

Fazit: Es wird alles noch sehr viel schlechter werden, bevor es wieder besser wird. Und man weiß nicht recht, ob man „Das Ende der Evolution“ tröstlich oder untröstlich finden soll. Denn wenn man alle Erkenntnisse zusammengetragen sieht, kann man der Erde und der Natur nur wünschen, dass das „Anthropozän“ so bald wie möglich vorbei ist. Nun: Wir rasen ja mit Siebenmeilenstiefeln darauf zu.

Homo sapiens – das ist für die Erde, wenn es schlimm kommt, wie eine Erkrankung; aber das geht vorbei, so oder so.“ (S. 905)

Jedenfalls ertappt man sich bei der Lektüre, dass man gern das Jahr 2100 erleben würde: nur um zu sehen, wie die Sache „damals“ tatsächlich ausgegangen ist.

Matthias Glaubrecht: Das Ende der Evolution. Der Mensch und die Vernichtung der Arten. C. Bertelsmann, 2019

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2 Kommentare

  1. Mikka Gottstein Says:

    Hallo,

    das Buch hat schon in der Vorschau meine Neugierde geweckt. Ich kenne leider immer noch Menschen, die den Klimawandel leugnen – da kann ich nur ratlos den Kopf schütteln. Ich hatte den Klimawandel schon vor Greta Thunberg auf dem Schirm, aber sie bringt die Dinge auf den Punkt und die Leute dazu, darüber zu sprechen.

    Wie stehen wirklich am Anfang eines Massensterbens, warum braucht es da erst ein (zu Recht) wütendes Schulmädchen, damit die Menschen aufhorchen… Mein Mann und ich schauen zum Beispiel jedes Jahr die Papageitaucher-Webcams von Explore.org, und da ist es schon vorgekommen, dass fast alle Küken auf der Insel verhungert sind, weil die Fische, die für sie klein genug sind, aufgrund der höhren Wassertemperatur tiefer schwimmen und die Eltern daher nicht mehr genug davon fangen können. Ich fange jetzt besser gar nicht von den Zahlen an, in welchem Ausmaß die Papageitaucher in anderen Gegenden aussterben…

    Ich bin mir nicht sicher, ob es uns Menschen im Jahr 2100 noch geben wird; so langsam merken wir ja, dass es nicht nur die Tiere sind, die der Klimawandel betrifft. Das Zeitalter der Klimaflüchtlinge hat schon begonnen.

    LG,
    Mikka

  2. Christiane Geldmacher Says:

    Ja, das ist ein gutes Buch, auch wenn es sehr ambivalent ist; weil es keine Frage ist, dass es das Beste für alle anderen wäre, wenn wir Menschen wieder abhauen würden. Wir scheitern alle in Echtzeit am Turbokapitalismus und an der klimatischen Katastophe. Gerade die Industrieländern mit ihrem Energieverbrauch und Konsumrausch. So gesehen. Bin gespannt, wie es ausgeht, aber ich sehe es alles sehr schwarz. Die Megacitys sind nicht in den Griff zu bekommen, vermute ich.
    LG Christiane

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