Freitag, 02.06.2006 | 11:03 Uhr

Autor: Regula Erni

Sigrid Löffler, Jean-Pierre Lefebvre und Peter Handke

Handke und der Heine-Preis sind aus den Feuilletons nicht zu vertreiben, wahrscheinlich, dass in ein paar Tagen alles anders ist.
Sigrid Löffler und Jean-Pierre Lefèbvre haben der Jury des Heine-Preises die Liebe gekündigt und sie verlassen; sie fühlen sich brüskiert, verletzt, verraten und darum: „Niemand wird Handkes bizarre Aktionen in Sachen Milosevic nachvollziehen oder gar billigen wollen.“ Doch dass er „ohne Rücksicht seinen poetischen Blick gegen die veröffentliche Meinung und deren Rituale setzt, ist eine der Jury-Begründungen dafür, ihm den Heine-Preis zuzuerkennen. Die Hetzjagd gegen den Gekürten beweist ungewollt, wie sehr Peter Handke den Heine-Preis verdient hätte.“
Frank Schirrmacher stellt seinen Beitrag zu Handke unter den Titel „Rufmord statt Kritik“: „Soll Peter Handke den Heine-Preis in Empfang nehmen dürfen? Das ist eine reine Machtfrage. Bekommt er ihn nicht, nachdem die Entscheidung der Jury gefallen ist, dann wären literarische Preise in Deutschland der Willkür ausgeliefert, dem Rufmord, wie er seit den Zeiten des ‚anonimo romano‘ bis heute gepflegt wird. Einen wie auch immer Umstrittenen zu ehren, um dann, ohne dass irgendein neues Ereignis eingetreten wäre, ihn öffentlich für unwürdig zu erklären, ist die ultimative Form sozialer Demontage. Sie macht den Literaturkritiker zum Büttel der Politik, weil sein Einwand gegen Handke nun durch Einmischung der Politik wirkt wie der denunziatorische Ruf nach der Polizei.“
Ulrich Weinzierl schreibt über die „Trauerwut einer Kampfmimose“ – und versucht zu schlichten.
In der Frankfurter-Rundschau ist der Text zu Handke, den Elfriede Jelinek „Aus gegebenem Anlaß“ auf ihre Homepage gestellt hatte: „Der Dichter hat, was er zu sagen hat, zu sagen, weil es ihm notwendig ist, es zu sagen, aber er hat nicht das Notwendige zu sagen, sonst hätte er gar nichts mehr zu sagen. Sonst hätte er nur noch zu erledigen, was erledigt werden muß. Das ist zuwenig.“
In der TAZ weiss Andrej Ivanji, dass Peter Handke keineswegs für alle Serben gesprochen hat, sondern nur für einige und Gerrit Bartels fasst Handkes Verteidigung in FAZ und SZ zusammen.
Übrigens: die Stadtväter Düsseldorfs wollen sich eine Besinnungspause gönnen. Und dann entscheiden, ob Handke oder Nicht-Handke Heine würdig sei…

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Ein Kommentar

  1. Chat Atkins Says:

    Ich bin der unverdrossenen Ansicht, dass der Preis zu einem Preisträger passen sollte: http://chatatkins.blogger.de/stories/488518/

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