Samstag, 23.06.2007 | 18:47 Uhr
Autor: Andreas Schröter
„Ein Buch im Fast-Forward-Modus“ – so heißt es im Klappentext von Helmut Kraussers „Kartongeschichte“. Ein Buch also, in dem zwischendurch Sätze fallen wie: „An dieser Stelle wurde ein Kapitel getilgt, um der Geschichte mehr Drive zu verleihen.“ Das Experiment misslingt. Genauso wenig, wie man einen Song oder einen Film im schnellen Vorlauf genießen kann, geht das bei einer gedruckten Geschichte. Vieles von dem, was das Lesen zum Vergnügen macht, geht dabei verloren. Geschichte und handelnde Figuren bleiben oberflächlich, nie kommt so etwas wie Spannung auf – keine der Figuren wächst einem derart ans Herz, dass man mit ihr leidet oder sich freut, geschweige denn sie überhaupt kennen lernt.
Es geht um zwei Frauen – eine starke, eine schwache -, die eine halbherzige Liebesbeziehung miteinander beginnen, und zwei Männer, die dasselbe tun. Dann gibt es noch eine Leiche, die es gilt zu beseitigen. Es handelt ich um den Vater einer der Frauen, den diese nach seinem Tod jahrelang in einem Zimmer versteckt hat. Das war’s mehr oder weniger – eine beliebige, austauschbare und belanglose Geschichte – so als habe der Autor sie sich zwischen Mittagessen und Dessert ausgedacht.
Auf Seite 139 heißt es dann unvermittelt: „Soweit der aktuelle Stand der Geschichte. Vieles scheint möglich, in der einen oder anderen Richtung“ – und das Buch ist aus. Dem Leser bleibt nur, einmal verärgert mit der Schulter zu zucken und sich einer befriedigenderen Lektüre zuzuwenden.
Helmut Krausser, geboren 1964, hat seit 1989 eine Vielzahl von Büchern veröffentlicht, zuletzt den Liebesroman „Eros“ (2006).
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Helmut Krausser: Kartongeschichte.
Mare Buchverlag, Hamburg, März 2007.
139 Seiten, Hardcover.
Tags: Helmut Krausser, Kartongeschichte
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23.06.2007 um 20:05 Uhr
Wenn ich mich recht erinnere, hat er auch schon eine »Special Edition« mit einer »Extended Version« angekündigt. – Wahrscheinlich mal wieder ein zu lang geratener Witz …