Freitag, 18.06.2010 | 20:46 Uhr
Autor: Immo Sennewald
Wenn jemand für ein einziges Buch den Literatur-Nobelpreis verdiente, dann Liao Yiwu.
„Fräulein Hallo und der Bauernkaiser“ fasst das Drama des totalitären China auf so einzigartige, unwiderstehliche Weise in Worte, dass sich mir jede Beschreibung des Inhalts verbietet. Lesen Sie es! Sie werden ahnen, mit welcher Wucht sich das Riesenreich in die Weltgeschichte einbringt – nicht nur in die Wirtschaft, sondern vor allem in die Kultur. Wir können nur hoffen, dass dieses in jeder Hinsicht gewaltige Geschehen, dessen Zeugen wir werden, von Stimmen wie der des Liao Yiwu begleitet, dass diese Stimmen überall gehört werden.
Sein Buch hilft – über alle Grenzen von Sprache und Kultur hinweg – die eigene Schwäche, Blindheit, Verlorenheit zu spüren, vielleicht, sie zu überwinden.
Wang Xilin, Revolutionssoldat, später als Komponist gedemütigt, gefoltert, an den Rand des Wahnsinns getrieben, sagt in einem der Gespräche, aus denen das Buch besteht: „Meine Musik hat keine Zärtlichkeit, da ist nichts Bourgeoises, sie ist ein großer, lackschwarzer Teich, alles Umliegende wird in ihn hineingefüllt, Tränen, Blut, Schlamm, Seufzer, Schreie, mit all dem ist der See angefüllt, sagen Sie selbst, wie sollte er nicht schwer und tief sein?“
Die Geschichten dieses Buches sind bei aller Schwere, Tiefe, bei allem Schmerz doch auch leicht und zärtlich und voll Humor.
Den Übersetzern Hans Peter Hoffmann und Brigitte Höhenrieder ist zu danken, dass all das in der deutschen Fassung erlebbar wird.
Liao Yiwu „Fräulein Hallo und der Bauernkaiser“, S. Fischer Verlag 2009, 539 Seiten, 22,95 €
Tags: China, Geschichte, Kultur, Literatur, Sprache, Welt
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