Freitag, 06.10.2006 | 14:43 Uhr
Autor: Momo Evers
Heute abend findet Verleihung und offizielle Bekanntgabe des Kinder- und Jugendbuchpreises statt. Was ein gutes Jugendbuch ausmacht, ist nicht leicht zu sagen, aber was ein gutes Kinderbuch ausmacht, daran scheiden sich die Geister – leider allzu oft nicht. Monika Osberghaus hat bereits eine Empfehlung für Lektüren für Kinder über acht Jahren für dtv zusammengestellt, und jetzt ist sie auch dem Bilderbuch zu Leibe gerückt. Mit „Schau mal! 50 beste Bilderbücher“ hat sie es sich nicht leicht gemacht, aber das Warten hat sich gelohnt: Herausgekommen ist eine fundierte und inspirierende Übersícht, in der Osberghaus das Zusammenspiel von Bildern und Text und das, was beides bei den Kindern auslöst, in den Mittelpunkt stellt. Ihre Leitfragen waren „Welche Fragen stellt das Buch, welche Antworten gibt es, welchen Trost und welche Art von Belebung? Welche Imaginationen entstehen durch die Bilder und Worte, und zu welchen Träumen liefern sie die Eingangsszene?“
Klassiker bevorzugt
Zur Liste ihrer Empfehlungen zählen Klassiker wie Die kleine Raupe Nimmersatt oder der Struwwelpeter, aber auch unbekanntere Werke wie Frosch hat Angst (Max Velthuijs, das allerdings vergriffen ist) oder Die drei Räuber (Tomi Ungerer, aus dem Jahr 1961 und mittlerweile wieder bei Diogenes lieferbar ). Warum sie auch vergriffene Bücher in ihre Liste aufgenommen hat? „Kleine Kinder sollten in Büchern baden, und die Badewannen sind die Büchereien.“ Daß die Institution Bücherei mehr und mehr ausstirbt, findet sie entsetzlich, den wöchentlichen gemeinsamen Gang mit dem Kind in die Bücherei hingegen essentiell. „Außerdem“, so Osberghaus, „habe ich etliche neue Bücher bewußt nicht in meine Empfehlungsliste aufgenommen und auf Bewährtes zurückgegriffen, weil das neue Bilderbuch Texte oft immer weniger wichtig nimmt.“
Der Text muß stimmen
Osberghaus hat im Rahmen ihrer Recherche viele Gespräche mit Experten geführt, Kongresse besucht, aber auch den Illustratoren und Bilderbuchautoren auf den Zahn gefühlt. Die Illustratoren seien recht zufrieden, auch anerkannt. Reine Kinderbuchautoren hingegen gäbe es kaum und somit auch keinen Pool von Autoren, die in diesem Gebiet erfahren sind und sich darauf spezialisieren. Sieht man sich viele der neuen Kinderbücher an und lauscht den Geschichten aus der Branche, wundert das nicht. Offenbar fehlt es an Anerkennung – und das nicht nur finanziell. „Weg vom schönen Text, hin zu schönen Bildern“ scheint die Devise zu lauten, und daß eine derartige Herangehensweise fatale Folgen hat, ist nicht nur Monika Osberghaus bewußt. Kinderbuchwissenschaftlerin Maria Lybb weiß: „Leseförderung fängt schon auf dem Wickeltisch an.“ Was zum Schuleintritt nicht passiert ist, kann oft nicht mehr nachgeholt werden. „Der Einfluss der Bilderbücher für die sprachliche Entwicklung ist riesig“, so Osberghaus. „Reine Bilderbücher können wunderschnund bereichernd sein, aber sobald der Text hinzukommt, muß auch hier jedes Wort stimmen. Die Geschichte muß rund sein, die Worte müssen mitreißen und die Fantasie beflügeln. Kinder merken sofort, wenn ein Buchtext hingeschludert ist und verlieren das Interesse.“ Ein weiterer Pluspunkt des Bilderbuches (zu dem nicht nur das reine Buch mit Bildern sondern alle Bücher mit hohem Bildanteil zuzüglich zum Text zählen) käme, daß Eltern, wenn sie mit Kindern gemeinsam Bücher anschauen, anders mit ihnen sprechen als im normalen Leben. Sie nutzen andere Worte, sind konzentrierter, reden auf höherem Niveau – und das wiederum kommt dem Sprachschatz der Kinder zugute.
Monika Osberghausers Tip für den Kinderbuchpreis-Gewinner des Abends ist „Gehört das so?!“ von Peter Schössow (Hanser), und dieser Titel findet sich auch in ihren Buchempfehlungen wieder.
Ob die diesjährige prämierten Kinder- und Jugendbücher sich mit den Kriterien von Monika Osberghaus werden messen können? Wünschenswert wäre es in jedem Fall.
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19.08.2008 um 18:29 Uhr
Monika Osberghaus hat eigtl. immer einen guten Riecher. Daher halte ich mich stets an ihre Empfehlungen und kann dies den Leser nur wärmstens ans Herz legen, das gleich zu tun.
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