Donnerstag, 05.07.2007 | 09:58 Uhr
Autor: Serendipity
Ob Comics Literatur sind, darüber hat man sich schon allenthalben gestritten. Andreas Platthaus bekennt sich in der FAZ zu den graphischen Erzählern, sieht in ihnen gar Avantgardisten. Dabei nimmt er Paul Hornschemeier und Patrice Killoffer, die beide nach langer Wartezeit ihre letzten Werke nun auch auf Deutsch veröffentlicht haben, zum Beispiel. In ihren Werken sieht er Anspielungen auf Freud und erzähltechnische Finessen, von denen sich so manches Prosawerk ein Bildchen abschneiden könnte.
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05.07.2007 um 22:19 Uhr
Freilich sind Comics Literatur, was denn sonst? Groschenheftchen sind Literatur, und die gesammelten Tagebücher von Thomas Mann sind Literatur, warum also nicht auch Comics. Ich finde es auch durchaus okey, wenn man ein bischen mehr Buchstaben nutzt um sich mit dem Begriffs-Motz „Graphik Novel“ (n etwa: „Grafikroman“) als anspruchsvoller Literatuuuuur-Comicleser von den Heftchenserien a la Superman und Fantastic Four abzugrenzen.
06.07.2007 um 0:07 Uhr
Natürlich sind Comics Literatur. Eine Unterscheidung zwischen ,,normalen, leichten Comics“ und anspruchsvollen ,,graphic novels“ muss aber sein.
Ich persönlich lese beides und höre viel zu oft das Vorurteil, dass Comics keine echte Literatur sind, vor allem keine anspruchsvolle.
Dieses Vorurteil wird natürlich dadurch erzeugt, dass die Comic- und Zeichentrickwelt in Deutschland sehr einseitig Kinder als Zielgruppe hat. Beim Blick nach Amerika oder Japan fällt jedoch auf, dass Comics dort auch häufig Jugendliche und Erwachsene als Zielgruppe ansprechen und dementsprechend thematisch komplexer sind. Dass diese in Deutschland so untergehen, liegt einerseits an fehlenden deutschen Übersetzungen. Andererseits aber auch daran, dass die Filme, die auf Comics, bzw. graphic novels basieren, meist nicht 1:1 zum Zeichentrickfilm übertragen werden, sondern eher als Film mit echten Schauspielern, sodass die Comicvorlage ein Schattendasein führt. Bekannte Filme, die auf graphic novels basieren, sind Kill Bill, 300, Sin City, Road To Perdition, Ghost World, V für Vendetta.
Meine Empfehlung für diejenigen, die die Welt der anspruchsvollen Comics kennenlernen wollen, ist ,,Watchmen“, soweit ich weiß, aber nur auf Englisch erhältlich und bisher nicht verfilmt. (http://en.wikipedia.org/wiki/Watchmen)
06.07.2007 um 2:31 Uhr
So eine Comic-Fürsprache freut mich, Paul
Womöglich aber herbe Nachricht für Dich. Der Wilde Typ der diesen „300“ von Miller verfilmt hat, beginnt im Sommer mit den Dreharbeiten zu „Watchmen“.
Und es gibt Watchmen schon seit mehr als 10 (bis 15?) Jahren auf Deutsch. Erschien zuerst bei Carlsen sechsteilig im franz. Albumformat. Mittlerweile bei Panini mit neuer Übersetzung als dicker gebundener Einbänder zu haben, entsprechend dem US/UK-Format.
Vielleicht meine absolute Nr. 1 der „richtig wahnsinnig anspruchsvollen UND unterhaltsamen“ Grafikromane ist Dave McKeans „Cages“ (dt. antiquarisch zu haben, erschien auch bei Carlsen).
06.07.2007 um 12:07 Uhr
Na, da bin ich ja mal gespannt, was aus dem Watchmen-Film wird.
Danke für den Tipp, ich werd mir „Cages“ mal anschauen. Der Preis von etwa 130 Euro aufwärts, den man dafür auf Amazon und eBay bezahlen muss, ist aber schon krass.
Weitere graphic novels, die ich empfehlen kann, sind die Werke von Daniel Clowes, z.B. „Like A Velvet Glove Cast In Iron“ oder „Ghost World“.
Wer sich für japanische ,,Grafikromane“ interessiert, dem kann ich „Lone Wolf and Cub“, ein 8700-Seiten-Epik empfehlen.
Sehr gut sind auch Akira (2000+ Seiten, der Manga schlechthin), Ghost In The Shell, Appleseed, Nausicaa Of The Valley Of The Wind und viele mehr 🙂
06.07.2007 um 12:10 Uhr
Und natürlich „Lady Snowblood“, die Vorlage für Kill Bill, wie konnte ich es vergessen…
06.07.2007 um 12:55 Uhr
Englisch:
„Cages“, bei JPC für ca. 75 zu haben.
Bei Abebooks für etwa 55 Euro mehrmals gelistet.
Bei Amazon.com (USA) für ca. 100 $ zu haben.
Cages erschien ursprünglich in 10 Folgen (bei Abebooks alle noch zu haben für 5 – 12 Euro das Stück). Auf Deutsch zusammengefasst in 5 Alben (fehlen halt von 5 Nummern die tollen Covers).
Auf eBay verkauft grad jemand die ersten drei deutschen Alben für ca. 45 Euro zum Sofortkaufen.
Im Frankfurter Bahnhofsramsch sind die dt. „Cages“-Bäde vor ca. 3 Jahren für 6 Euro das Stück rausgehaun worden.
06.07.2007 um 13:01 Uhr
Forrester & Tardi: »Hier Selbst«, Edition Moderne.
Tardi & Malet: Nestor Burma, z.B. »120, Rue de la Gare«.
Schuiten & Peeters: Die Alben zum Zyklus »Die Geheimnisvollen Städte«, Feest
Bourgeon: »Gefährten der Dämmerung«, Carlsen
Alles von Will Eisner.
»Bone« von Jeff Smith hab ich ja hier im Blog bereits besprochen.
Gaiman & McKean: »Violent Cases«, »Mr. Punch«, »Signal To Noise« (auf dts. alle vergriffen).
Gaiman: Zehn Bände »Sandman«, seit Anfang des Jahres in neucolorierter Fassung bei Panini.
Alan Moore: »V for Vendetta«, »From Hell«.
Manara: Guisappe Bergmann-Reihe, beginnend mit »Das Große Abenteuer«.
Trondheim: «Approximate Contiuum«
und ich könnt munter noch ne Viertelstunde weiter an dieser Liste stricken.
09.07.2007 um 11:22 Uhr
Na, da haben sich ja zwei gefunden (Paul & Alex)!
Ich bin ja froh, dass ihr fuer Comics als Literatur argumentiert und (mit Einschraenkungen) stimme ich Euch zu. Was wuerden wir ohne illustrierten Hans Christian Anderson, Beatrix Potter oder Wilhem Busch machen?
13.09.2007 um 6:37 Uhr
Comics sind alles und nichts.
Sie sind irgendwie Literatur, irgendwie Kunst und irgendwie auch Kino.
Und das ist faszinierend.
Nur für die Liste:
Y – the last man
sowie Fables sind ebenfalls nette Reihen.
Aber es ist schon wahr: So manch gute Comics harren in D-Land sehr lange auf ihre Übersetzung. Da ist es gut, englisch zu können. (Wenn ich auch froh darüber bin, dass Watchmen auf deutsch vorlag. 😉
13.09.2007 um 10:44 Uhr
@Paul und andere an Dave McKeans »Cages«-Interessierte. wenn man abseits von amazon und ebay stöbert (z.B. abebookd) finden sich auch Angebote ab ca. 50 bis 60 Euro für die englischen Sammelbandausgabe. Und bei jpc ist eine neue englische Auflage bereits angekündigt die bei etwa 70 Euro liegt. Ich hab die zehn englischen Einzelhefte noch für (damals) etwa 10 DM das Stück gekauft (Erstauflage).
24.07.2008 um 17:48 Uhr
An der Qualität der von Euch aufgeführten Comics ist nicht zu rütteln. Und es wären noch andere Namen zu nennen, wie Bilal, Sfar, Thompson etc.
Trotzdem wundere ich mich, dass niemand sich wundert, wenn Graphic Novels oder Comics als Literatur bezeichnet werden. Sicher spielen die „Literae“ also Buchstaben keine kleine Rolle, aber dafür gleich die Bilder unter den Tisch fallen lassen?
27.07.2008 um 13:42 Uhr
Ich finde es überhaupt nicht überspannt, Comics und Graphic Novels der Literatur zuzurechnen. Immerhin ist Literatur im Großen und Ganzen alles ›schöngeistige Schrifttum‹ bzw. der ›Gesamtbestand aller Schriftwerke eines Volkes‹ bzw ›der Menschheit‹. Mit Schriftstum, vor allem eben dem Schöngeistigen ist ja alles gemeint, womit Geschichten erzählt, oder (siehe Essay) Gedankengänge transportiert werden. Warum sollte man da Comics und Graphic Novels außen vor lassen? Natürlich gilt es, wie immer, genauer abzuwägen zwischen seichtem Kram und wertvollen Beiträgen. Aber das ist bei Romanen und Kurzgeschichten auch nicht anders. Gemessen an den ruhmreicheren, interessanteren und (man verzeihe mir das Reizwort) relevanteren Werken haben Comics allen an Schöngeistigen sich laben wollenden Lesern genauso viel zu bieten, wie die gehaltreicheren Vertreter des reinen Schrift-Erzählens und -Denkens.