Dienstag, 05.08.2008 | 21:37 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Die Kinder von Wien, geschrieben 1946, ist ein ergreifendes Zeitdokument, das die Lebensumstände der Kinder in den zerbombten Städten unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg dokumentiert. Autor Robert Neumann wollte seinen zunächst in Englisch verfassten Roman als Hilferuf an die Siegermächte verstanden wissen.
Hauptpersonen, des 193 Seiten kurzen Textes sind sechs Kinder, die sich in einem teils zugeschütteteten Keller eines eingestürzten Hauses eingerichtet haben. Um zu überleben, stehlen sie oder prostituieren sie sich. Ihr größter Luxus ist eine funktionierende Toilette. Erst als ein schwarzer Armee-Geistlicher auftaucht, scheint sich das Schicksal der Minderjährigen zu bessern …
Robert Neumann selbst hat seine Geschichte 1974, kurz vor seinem Tod, ins Deutsche übersetzt. Um die Sprache der Kinder möglichst authentisch nachzuempfinden, hat er dafür einen grammatikalisch oft abenteuerlichen, dafür aber hochinteressanten und glaubwürdigen Mix aus Deutsch und Englisch erfunden. Allein schon für diesen Stil lohnt sich die Lektüre des Buches.
Die Handlung des in drei Teile untergliederten Romans spielt ausschließlich in jenem Kellergewölbe, weswegen er auch gut als Theaterstück funktionieren sollte.
Der Eichborn-Verlag hat diese Neuveröffentlichung aufwendig (und teuer) gestaltet – auf hochwertigem Papier, mit Fotos aus dem zerstörten Wien von Ernst Haas, einem als Cover fungierenden Schuber und mit einem Nachwort von Ulrich Weinzierl, das viele interessante Details aus dem Leben Robert Neumanns (1897-1975) beleuchtet. Sehr empfehlenswert!
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Robert Neumann: Die Kinder von Wien.
Eichborn, März 2008.
234 Seiten, Hardcover, 30 Euro.
Tags: Österreich, Die Kinder von Wien, Literatur, Nachkriegszeit, Robert Neumann
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