Freitag, 29.09.2006 | 08:00 Uhr

Autor: ANH

Präventives Unbehagen am schnellen Geblogge.

Um dem allzu-leichten, dahingeschluderten Text zu entgehen, der aus dem Moment heraus entsteht und meist direkt ins Netz gefüttert wird, hab ich den Vorschlag, den eine andere spontane Kunstform, nämlich der Rap, schon längst beherzigt und nach dessen Fertigkeit er auch ganz zu Recht bewertet wird: nämlich die Beiträge in strengem Versmaß oder gereimt zu verfassen, bzw. sich ähnliche Formen auszudenken – es sei denn, die Beiträge entstehen eben n i c h t spontan; in solchem Fall sei auch ‚einfache’ Prosa erlaubt.
Meinem prinzipiellen Unbehagen hab ich >>>> hier Ausdruck verliehen, und schon wird leicht darüber diskutiert. M i t diesem Unbehagen dann für das Buchmessen-Weblog zu schreiben, könnte mir allerdings Aufgabe sein: das heißt, wie entwickle ich eine Form, die mir zugleich das Unbehagen nicht verdrängt, sondern dieses Unbehagen zum Motor-eines-jeden-Textes-selbst macht. So würde die Messe-„Bloggerei“ zur Handwerksaufgabe und diente als Stilübung vielleicht quer durch die literarischen Genres.
Auch eine Spaltung ist möglich. Etwa, indem hier etwas von mir geschrieben wird, das Die Dschungel dann böse kritisieren. Man begebe sich in die Rolle von etwas, gegen das man Vorbehalte hat, lasse sich aber mittreiben, und decke dann anderswo auf, welche Dynamiken wirken. (Jedenfalls hab ich deutliche Probleme mit der inneren poetischen Haltung. )

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3 Kommentare

  1. alma Says:

    Mit Maß und Vers: da erfordert schon die Form eine Disziplinierung des Gedankengalopps, das Zwingen in ein Maß ein über die Befindlichkeit des Augenblicks hinausgehendes Verhalten. Handwerk eben, zuwenig als Boden für Literatur gewürdigt?

  2. molosovsky Says:

    Ausm gedächtnis:
    Mein erster großer philosophen-onkel Arthur Schopenhauer wußte ja die schriftsteller in drei schubladen zu betten. In aufsteigender güte teilt er ein in …
    (1) … autoren die abschreiben und zusammenfügen, was andere geschrieben haben, und die selber eher wenig bis gar nicht denken {Im ideen- und narrationswald sozusagen die parasiten};
    (2) … autoren die denken, während sie schreiben; die eben mehr oder minder vor sich hinschreibend denken; Arthur vergleicht sie mit jägern & sammlern;
    (3) … autoren die gedacht haben, ehe sie sich ans schreiben machen . Arthur kann diese gruppe gar nicht genug loben und auch ich muß sagen: JUPP, diese gruppe und ihre haltung ist schon die respektabelste.

    Nun, ich glaub, daß was den gehalt von text-macherei betrifft diese Schopenhauer’sche abstufung ›stimmt‹. Dennoch hab ich als strebsamer neugieriger immer den wachsamkeits-appell im hinterkopf tönen, daß sich gemmen überall ergeben. In gruppe 1 weniger als in gruppe 2, und in gruppe 3 vielleicht mehr als in gruppe 3.

    Die bloggerei hat zweifelsohne zu einer infaltion an affekt-schreiberei gezeitigt. Kaum durchschlägt irgendeine beobachtung, ein gedanke den phlegmaschild der gedämmten aufmerksamkeit und triggert einen re-aktionsimpuls, schon läßt sich der blogger über irgendwas aus, und sei es noch so banal, unerwähnenswert.

    Ich mag das ›präventiv‹ bei Ihrem unbehagen, denn ich les entsprechend Ihren eintrag als eine überlegung zu einer möglichen selbstverschreibung (um Ihr bild vom arzt aufzugreifen). Tatsächlich entfallen ja die grenzen zwischen instrumenten-stimmer, instrument und musiker bei einem formenden (und eben nicht nur sammelnden bzw. nachsingenden) schriftsteller.

    So. Mein eintrag ist reichlich durcheinander. Aber ich geb zu, ich hab auch nur gut gelaunt vor mich hingeschrieben.

  3. Christoph Says:

    ja dann, dann schreibe ich auch affektuell zu diesem thema vor mich hin..
    ich denke, das affektuelle schneller schreiben als man denkt ist eigentlich genau das, was das bloggen von der zeitung oder dem buch abhebt…soll ja an eine unterhaltung angelehnt sein, vielleicht auch ein produkt aus der 10-finger-fähigkeit und der entwertung von text durch die digitalisierung, wo in emails, sms, chat und blog schrift nicht mehr geplant, sondern spontan entsteht, groß- und kleinschreibung ebenso nebensächlich wird wie grammatik oder umständliche dinge wie das frz é…
    wäre mal wieder ein beweis für jene theorie, nachdem kein medium ein anderes ablöst, sondern immer nur erweitert…und es wird wohl auch niemand ernstlich behaupten, dass online-bücher das reale-buch ersetzt oder die zeitung in blogging-zeiten überflüssig geworden ist…Sprache ist eben wie alles einem wandel ausgesetzt

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