Samstag, 12.04.2008 | 18:55 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Manchmal fällt es schwer, genau zu begründen, warum einem ein Buch nicht gefällt, ist es mehr ein vages Gefühl, auf einem gänzlich anderen Stern zu leben als der Autor. So ging es mir mit Martin Klugers „Der Vogel, der spazieren ging“.
Verkürzt gesagt geht es in diesem Buch um einen Menschen namens Samuel Leiser, in dessen Wohnung sich Anfang der 70er-Jahre immer mehr Familienangehörige einfinden, darunter der Bestseller schreibende Vater, die pubertierende Tochter und ein mafiöser Onkel. Diese Figuren haben die unterschiedlichsten Beziehungen zueinander. Sie hassen und sie lieben sich, sie helfen und sie schaden sich, sie nerven sich, und gegen Ende versucht eine sogar, eine andere umzubringen. Allein: Für den Leser bleibt ihr launisches Handeln kaum fassbar. Alles an diesem Roman erscheint willkürlich, ist psychologisch nicht stimmig. Gelegentlich schimmert zwischen den Zeilen durch, dass die Familie von den Nazis verfolgt wurde, aber diese Andeutungen sind viel zu vage, um dies zu einem wirklichen Buchthema zu erheben.
Hinzu kommt eine gewisse Handlungsarmut. Es passiert nicht viel auf diesen 320 Seiten. Mal versucht Samuel mit Tochter und Geliebter von der Familie ans Meer zu fliehen. Vergeblich. Mal versucht er, eine Geburtstagsparty für seine Tochter zu geben. Es misslingt. Dann probiert er, in seinem Job zu arbeiten – er ist Übersetzer unter anderem für die Werke seines Vaters -; auch das gelingt nur mit erheblicher Zeitverzögerung. Fast entsteht eine Stimmung, wie man sie sich (sicher etwas klischeehaft) in einer WG aus dieser Zeit vorstellt: Man schläft bis ein Uhr, raucht, trinkt, redet salbungsvoll daher, streitet und bekommt es ansonsten kaum auf die Reihe, die Tochter regelmäßig zur Schule zu schicken.
Martin Kluger, ein 1948 geborener Berliner, der tatsächlich einmal in einer solchen WG gelebt hat, versetzt seinen Text immer wieder mit englischen, französischen und spanischen Sätzen. Das wirkt auf Dauer maniriert und bemüht intellektuell.
Andere Kluger-Bücher heißen „Abwesende Tiere“ (2002 – 1000 Seiten!) sowie „Die Gehilfin“ (2006) und wurden von der Kritik größtenteils hochgelobt. „Der Vogel, der spazieren ging“ dagegen ist nicht zu empfehlen. Zumindest passen Autor und Kritiker hier definitiv nicht zusammen.
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Martin Kluger: Der Vogel, der spazieren ging.
Dumont, Februar 2008.
320 Seiten, Hardcover, 19,90 Euro.
Tags: der spazieren ging Martin Kluger 68er WG, Der Vogel
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29.08.2008 um 19:59 Uhr
Mir erging es beim Lesen dieses Buches ähnlich. Nur ich konnte mich noch nicht einmal mehr dazu bewegen, zu Ende zu lesen. Das Buch nahm kein Ende, bis ich ihm ein Ende bereitete. Fazit: Nicht zu empfehlen. Leider.
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09.09.2008 um 20:45 Uhr
@molo als Antwort kriegt er den Kommentar zum KOmmentar als Mail 😉 Ob er es so überhaupt sieht?
12.09.2008 um 1:54 Uhr
ich denke es ist sicherlich einer der besten romane die dieses jahr veröffentlicht wurden