Sonntag, 02.12.2007 | 13:28 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Der US-amerikanische Autor Louis Stanton Auchincloss, mittlerweile 90 Jahre alt, ist in Deutschland bislang nur wenigen bekannt, obwohl er neben seiner Tätigkeit als Anwalt stolze 60 Bücher verfasst hat (Romane, Short-Story-Bände, Sachbücher etc.). Am ehesten geläufig sind Literatur-Kennern vermutlich seine „Manhatten-Monologe“, die 2006 auch in Deutschland erschienen.
In seinem neuen Buch „East Side Story“ begleitet er die schwerreiche New Yorker Familie Carnochan über gut 100 Jahre und die verschiedenen Generationen hinweg. In jedem der zwölf Kapitel wechselt die Erzählperspektive, und Auchincloss erzählt die Geschichte aus der Sicht eines anderen Familienmitglieds. Dadurch bekommt das Buch eher den Charakter einer Sammlung von Kurzgeschichten, die natürlich alle miteinander verwoben sind.
Die Carnochans sind Menschen, die sich ihres Standes durchaus bewusst sind und die versuchen, ihn zu behalten. Dafür verheiraten sie sich manches Mal lieber mit einem Partner, der viel Geld in die Ehe bringt, als mit einem, in den sie verliebt sind. Die schöne Kitty bringt diese Geisteshaltung auf den Seiten 70 und 71 auf den Punkt: „Wir würden es miteinander schwer haben, wenn wir von einem Einkommen leben müssten, das nur für Bier reicht, während wir von Champagner träumen.“
Louis Auchincloss kritisiert diese Denkweise in seinem Gesellschaftsroman zwar leicht, lässt aber zwischen den Zeilen auch durchblicken, dass er eine gewisse Sympathie für seine Figuren hegt – kein Wunder, schließlich lebt er selbst in ähnlichen Kreisen.
„East Side Story“ liest sich dank eines gut gelaunten, beschwingten und leichten Schreibstils flüssig, eilt jedoch manchmal etwas sehr zügig über die einzelnen Figuren und Jahrzehnte hinweg, so dass kaum richtiger Tiefgang entstehen kann. Zu vieles bleibt an der Oberfläche – manchmal hat man das Gefühl, einem netten Partyplausch zu lauschen, statt ein literarisches Werk zu lesen.
Fazit: Mit den ganz großen amerikanischen Erzählern wie Franzen, Ford und Updike kann Auchincloss nicht mithalten, ein guter Unterhaltungsroman für zwischendurch ist „East Side Story“ aber allemal.
Louis Auchincloss: East Side Story.
Dumont, August 2007.
288 Seiten, Hardcover, 19,90 Euro.
Tags: East Side Story, Louis Auchincloss, New York, USA
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