Samstag, 31.05.2014 | 19:08 Uhr

Autor: Andreas Schröter

Laurent Seksik: Der Fall Eduard Einstein

Laurent Seksik: »Der Fall Eduard Einstein«Albert Einstein hatte zwei Söhne. Einer von ihnen – Eduard – war schizophren und verbrachte die Hälfte seines Lebens in einer psychiatrischen Anstalt in Zürich. Das Verhältnis von Vater und Sohn war schwierig. Albert hatte zeitweise offenbar sogar Angst, sich seinem Sohn, der zu unkontrollierten Ausbrüchen und Aggressionen gegenüber seinem Vater neigte, zu nähern. Ohnehin floh der Physik-Nobelpreisträger Ende 1932 vor den Nazis in die USA, sodass eine Begegnung mit Eduard schon rein räumlich aufwändig gewesen wäre.

Aus diesem Themenkomplex hat der 1962 geborene französische Schriftsteller Laurent Seksik einen Roman gemacht. Darin begibt er sich mal in den Kopf des Sohnes und mal in den des Vaters. Auch Einsteins erste Frau Mileva Maric, die sich aufopferungsvoll um den kranken Eduard kümmert, ihrem Ex-Ehemann aber zunehmend negativ gegenübersteht, kommt neben einigen anderen Persönlichkeiten aus dem näheren Umfeld Alberts und Eduards zu Wort.

Romane über Menschen, die wirklich gelebt haben, lösen immer ein leichtes Unbehagen aus, das von der nicht zu beantwortenden Frage ausgeht, woher der Autor 80 Jahre nach bestimmten Ereignissen wissen will, was diese oder jene Person in dieser oder jener Situation gedacht hat.

Laurent Seksik scheint sich dieses Problems bewusst zu sein: Er dringt nicht allzu tief in die Gedankenwelt seiner Figuren vor. Das jedoch führt zum nächsten Problem: Der Roman dümpelt ein wenig an der Oberfläche dahin, wirkt stellenweise eher wie ein Sachbuch, das lediglich die Fakten aneinanderreiht. Von einem Buch, das sich auf dem Cover explizit als „Roman“ bezeichnet, erwartet man aber mehr als nur Fakten.

Wie gut die übrigens recherchiert sind, kann nur jemand beurteilen, der sich auskennt. Es gibt jedoch bereits Stimmen – vom Einstein-Archiv in Jerusalem –, die behaupten, das Buch sei alles andere als gut recherchiert. Seksik habe ausschließlich veraltete Quellen herangezogen.

Laurent Seksik schreibt übrigens öfter Fiktionales über reale Personen: 2012 ist in Deutschland sein Roman „Vorgefühl der nahen Nacht“ erschienen, in dem es um die letzten Tage Stefan Zweigs in Brasilien geht.
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Laurent Seksik: Der Fall Eduard Einstein.
Blessing, Mai 2014.
336 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,99 Euro.

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Ein Kommentar

  1. barbara wolff Says:

    Vorsicht ! Der Autor dieser Rezension zeigt sich zwar kritisch gegenueber Seksiks „einfuehlender“ Haltung, aber auch er faellt auf die falschen „Fakten“ herein, die Seksik dem Leser so geschickt unterjubelt. Der schizophrene Sohn verbrachte keineswegs die Haelfte seines Lebens in einer psychiatrischen Anstalt. Damit geraet schon das ganze Geruest des Romans ins Wanken. Die ruehrenden Legenden moegen das Lesen zum Genuss machen, an den Anachronismen und falschen Daten stoesst sich der ein wenig vorgebildete Leser wund.

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