Freitag, 06.10.2006 | 19:36 Uhr
Autor: andreaffm
Am Mittwoch Abend findet traditionell die Rowohlt-Party im Schirn-Café statt. Das ist meistens sehr nett dort, aber geschlossene Gesellschaft, weshalb man jemanden kennen sollte, der jemanden kennt, der jemanden kennt. Ich kenne jemanden, der jemanden kennt, und den treffe ich um 23 Uhr am Eingang. Außerdem kenne ich noch jemanden, der jemand kennt, der jemanden kennt, und die sind beide schon dort.
Die, die schon dort ist, steht draußen, als ich komme. Leider ist sie nur dritten Grades partywürdig und kann niemanden vierten Grades partywürdigen da reinbringen, weshalb wir draußen stehen und reden. Jemand, der auch dritten Grades partywürdig ist, also Begleitung, kommt dazu und das wird jetzt richtig lustig hier draußen. Hier ist auch deutlich bessere Luft, sagt der Dazugekommene erfreut.
Um halb zwölf krieg ich eine SMS, daß meine Partybegleitung zweiten Grades, die mich als Begleitung dritten Grades mitnimmt, sich nochmal zwanzig Minuten verspätet. Da wird es meinen Gesprächspartnern doch zu kalt, und ich warte weiter am Eingang auf meine verspätete Partygängerin, als eine junge Dame auf mich zukommt und fragt: „Sind Sie Andrea Diener?“ Meine Freundin habe gesagt, ich solle reinkommen, und sie könne dafür sorgen.
Prima. Die junge Dame ist eine Barbekanntschaft meiner Freundin, die schon drin ist, und sie habe erzählt, ich sei Begleitung und meine Partygängerin habe sich arg verspätet und es sei ja auch kühl draußen. Was ja alles stimmt. Daher bekam die Dame Mitleid und beschloß, sich türkontrollenmäßig für mich einzusetzen. Außerdem meinte meine Freundin, ich solle unbedingt hier rein, sie wolle ja schließlich eine Blogbeitrag von mir darüber lesen. Bittschön, hier ist er (und danke an die freundliche junge Dame, die dies ermöglicht hat).
Im Gegensatz zu den Vorjahren sind die Reihen schon arg gelichtet. Man braucht, sagte der, der schon drin war, für eine Runde nur zwei Minuten, früher habe das zwei Stunden gedauert. Und das Rundenmachen ist ja eigentlich der Inhalt der Rowohlt-Party. Man rundet, grüßt, bleibt hängen und trinkt. Und wenn so eine Runde nicht lang dauert, dann wird einem natürlich schwindlig mit der Zeit und die Party sinnlos und man kann ja nicht die ganze Zeit nur trinken.
Später kommt auch die verspätete Partygängerin, deren Begleitung ich bin, und sucht was zu essen. Gibt aber nichts mehr. Das war früher auch mal besser, sagt sie. Und wie gesagt, man kann nicht die ganze Zeit nur trinken.
Meine Freundin, die schon drin war, lernt da an der Bar einen Herrn kennen, der sich als „Literaturreporter“ vorstellt. Uns ist diese Berufsbezeichnung neu. Was macht so jemand? Oder hält er uns für blöd uns will uns komplizierte Wörter wie „Rezensent“ nicht zumuten? Oder hat er schon zuviel getrunken, und kann komplizierte Wörter wie „Rezensent“ nicht mehr aussprechen? Leider kommen wir dann nicht mehr dazu, ihn genauer auszufragen, denn in diesem Moment entdeckt er Thea Dorn, die ja jeder im Literaturbetrieb ganz toll findet, und zack, ist man abgemeldet. Wer kann schon mit Thea Dorn mithalten? Der Literaturreporter stürzt auf sie zu, Frau Dorn verdreht die Augen, lächelt aber tapfer weiter, auch als der Verehrer ihre Hand küßt. Ich kann mir auch was einfacheres vorstellen, als von jedem im Literaturbetrieb ganz toll gefunden zu werden.
Ein weiterer Freund, der sich auf dieser Party befindet und dem ich ein paar Pfirsichkerne versprochen habe, die ich dabei habe und ihm geben muß, was ein weiterer Grund war, dringend auf diese Veranstaltung gehen zu müssen, ist schon ziemlich gut drauf. Er unterhält sich gerade mit our very own ANH als ich vorbeikomme, kriegt irgendwie nicht mit, daß wir uns eh kennen, weil wir ja im gleichen Blog bloggen, und beginnt dann ausführlich und förmlich, uns vorzustellen.
„Halt, halt, fahr mal drei Stufen zurück“, sagt ANH, als der Pfirsichkernfreund grade von meinem tollen, interessanten Blog zu erzählen beginnt. „Wir wissen schon ziemlich genau, was wir tun.“
Ja, einzeln und auch voneinander. Stimmt beides. Aber ich werde ja immer wieder gerne mir bereits bekannten Leuten vorgestellt, fast noch lieber als unbekannten.
(Wir kommen hier nicht rein)
Eigentlich, denk ich, war es vor der Tür fast lustiger als drin. Alt werde ich nicht an diesem Abend. Erster Tag, und schon völlig geschlaucht.
Aber eines muß ich noch nachtragen, und das betrifft die legendär hippe Toilettengestaltung im Schirncafé, die ja ein stets unbenutztes Damenpissoir aufzuweisen hat. Irgendwann muß das mal eine schrille Novität gewesen sein, aber leider traut sich keiner, das zu benutzen, weshalb jetzt auch der davor befindliche Vorhang entfernt wurde. Die Fläche dient nun als Abstellplatz für einen Wickeltisch. Wenn es irgendein Indiz dafür gibt, daß dieses Land verbürgerlicht, dann ist es das. Denn diese Toilette ist ein sicherer Spiegel aktueller Trends; wer wissen will, was die Deutschen bewegt, der geht in die Damentoilette des Schirncafés. Aktuelles Deutschlandthema Nummer eins: Windeln.
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06.10.2006 um 20:25 Uhr
Ich wollte mich schon beschweren.
Atens: Kam ANH jetzt rein oder nicht?
Btens: Kein Partybericht von a…ffm in diesem Jahr.
Aber jetzt wird alles viel klarer. Und die Klodeutung im Schirn ist literarische Spitze.
Ist das schon Bachmannreif? 😉
06.10.2006 um 22:08 Uhr
Nö.
Aber es war mir ein Vergnügen, Sie aufzuklären 🙂