Dienstag, 08.02.2011 | 10:42 Uhr
Autor: Immo Sennewald
Natürlich ist Zengelers Heim auch eine Metapher. Natürlich sind die in der Demenz bisweilen erleuchtet erscheinenden Moribunden keine armen Opfer. Zengeler fühlt mit den in die Erdferne Gesperrten, aber er ergeht sich nicht in Mitleidsritualen. Er sitzt mittendrin, und er führt den Leser hinein, dass er sehe, was das Personal so wenig sehen kann, wie die bisweilen auftauchenden, bestürzt, befremdet, peinlich berührt – jedenfalls hilflos – reagierenden Besucher: dass sie bald schon selbst da sitzen und einen gelben Fleck an der Wand anstarren könnten, verloren gegangen einer Welt, in der sich alle bemühen, nicht von anderen Menschen abhängig zu sein, statt sich von den Dingen ab- und dem Menschen zuzuwenden. Sie können es sich nicht vorstellen, die Angestellten vom Pflegedienst, die Besucher der “erdfernen Welt”, dass sie selbst als nächste auf der Warteliste für einen Platz darinnen stehen, weil sie ihr menschliches Umfeld mit ihren Gebrechen überfordern könnten. Sie kehren den Wirren den Rücken, schaffen Distanz und beten des Abends zu St. Florian.
Zengeler wäre nicht er selbst, wäre da nicht ein Funken Hoffnung, wären da nicht Lichtblicke menschlicher Nähe, wäre da nicht Bitternis und sarkastische Pointe. Das Buch ist eine ausgezeichnete Altersvorsorge, genauer gesagt: es hält dazu an, fürs eigene Alter vorzusorgen – so lange man sich noch von den Sachen ab- und den Menschen zuwenden kann.
„In einer erdfernen Welt“ 164 Seiten, 14 €
Verlag: Shaker Media
ISBN-10: 3868584420
ISBN-13: 978-3868584424
Tags: Altern, Demenz, Literatur, Pflegenotstand, Rezension, Roman, Sprache, Tod
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22.02.2011 um 10:44 Uhr
Auch Gofmann liest ein Taschenbuch und schreibt an seinem Hexenfluch. Es waltet gelbes Fieber, vom Scheitel bis zur Sohle, und ich quäle Justin Bieber mit einer Lötpistole.