Sonntag, 06.02.2011 | 23:23 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Bei Ian McEwan kann man eigentlich nichts falsch machen. Ich würde so weit gehen, ihn als einen der geistreichsten und schlicht besten Autoren der Gegenwart zu bezeichnen. Dennoch war ich vor der Lektüre seines neuesten Werkes „Solar“ skeptisch. Ein Buch über den Klimawandel? Das kann schnell dröge werden.
Wurde es aber nicht. „Solar“ knüpft nahtlos an frühere Werke wie etwa „Saturday“ an und hat mich rundum begeistert. Im Mittelpunkt steht der unsympathische Nobelpreisträger Michael Beard. Der betrügt seine Frauen nach Strich und Faden, sorgt dafür, dass ein ungeliebter Nebenbuhler im Knast verschwindet, und lebt wissenschaftlich lediglich von einer einzigen guten Idee, die er vor 40 Jahren hatte. Neues Gedankengut, das er als seines ausgibt, stammt in Wirklichkeit von einem viel jüngeren Wissenschaftler, der jedoch tödlich verunglückt ist.
Das Schöne an diesem Roman ist neben dem geschliffenen Stil die Vielschichtigkeit. Wir lernen nicht nur diesen Menschen in seiner ganzen Kaltblütigkeit kennen, was ein psychologisch äußerst stimmiges Portrait ergibt, sondern erfahren auch über den Wissenschaftszirkus – zum Beispiel wie man in diesen Kreisen etwas wird und dass es nahezu ausschließlich darum geht, Fördergelder abzuschöpfen. Dass man nebenbei auch noch etwas über moderne Verfahren zur Energiegewinnung lernt, kann man vernachlässigen. Würde mich das interessieren, würde ich ein Sachbuch lesen – aber gut recherchiert wirken auch diese Textstellen allemal. Auch Humor kommt gottseidank vor: zum Beispiel, wenn der tolpatschige Michael Beard versucht, in der Aktis bei minus 30 Grad zu urinieren.
Insgesamt ein tolles Buch, das ich hiermit uneingeschränkt weiterempfehle.
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Ian McEwan: Solar.
Diogenes, September 2010.
405 Seiten, Hardcover, 21,90 Euro.
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18.04.2011 um 21:58 Uhr
bin hier über den blog auf solar aufmerksam geworden und habe das buch jetzt innerhalb weniger tage verschlungen! vielen dank für den tipp 😉