Dienstag, 12.12.2006 | 18:59 Uhr
Autor: molosovsky
Nach meiner Übersetzung des Crooked Timber-Seminars zu Susanna Clarkes »Jonathan Strange un Mr. Norrell«, kann ich heute meine deutschsprachige Fassung der sechs Essays über China Miévilles »Der Eiserne Rat«, sowie Chinas Reaktion darauf anbieten. Das PDF hat 72 Seiten und ist 1,4 MB groß.. Man kanner aber auch alle Seminarbeiträge in der Molochronik am Bildschrim lesen (irgendwoher müssen ja die eckigen Augen kommen).
Damals, im Januar 2005 bin durch das Seminar zu »Der Eiserne Rat« auf Crooked Timber aufmerksam geworden und seitdem von diesem wunderbaren Akademiker-Gruppenblog hellauf begeistert. Ich will nicht am Niveau der deutschsprachigen Beschäftigung mit Genre-Werken herumnörgeln (denn soooo seicht ist das gar nicht; man klicke sich entsprechend durch meine Linkliste), hoffe aber doch, daß allen, die sich gerne ausführlicher und ›tiefer‹ mit Phantastik, Literatur und der Beziehungen zwischen Ästheteik und Engagement beschäftigen, hiermit ein weiteres sattes Bonbon geboten wird. — Auch wenn es vermessen klingen mag: Ich fände es superb, wenn dieses Format eines Blog-Seminars mit Beteiligung des Autoren vielleicht auch bei uns Schule macht. Ich würde mir dafür gern einen Haxen ausreißen (mit dem Zaunpfahl wink).
Hier zur Henry Farrells Übersicht aus seiner Einleitung vom Januar 2005.
John Holbo beginnt in seinem Aufsatz Für ein einziges Wort… mit Anmerkungen zur Beziehung zwischen Miéville und Tolkien; dann greift er die Auseinandersetzung von Bruno Schulz über Eskapismus und die Fruchbarkeit unbelebter Materie auf, um dargzulegen, daß China sich bei seinem Mitteilungsmodus nicht zwischen politischer Ökonomie und expressionistischen Puppentheater entscheiden kann.
Belle Waring beschwert sich in New Crobuzon: Wenn du es hier um-modeln kannst…, daß die unerbittliche Grimmigkeit von Miévilles urbanen Schauplätzen und das Schicksal seiner Figuren etwas formelhaft sind; er sollte seine Charaktere vorankommen und vielleicht sogar Erfolg haben lassen.
Matt Cheney hat mit Ausgleichende Traditionen… teilweise eine alte Besprechung überarbeitet, in der er meinte, daß Miéville seine Bösewichter etwas realistischer darstellen sollte; er legt seine Gründe dar, warum Miéville das hätte tun sollen, und beschreibt, wie Miéville Pulp- und Avantgarde-Literatur in seinen Werken miteinander versöhnt.
Mein {Henry Farrels} }Essay Ein Argument in der Zeit vergleicht Miévilles Neubearbeitung von Historie, Mythos un Revolution mit Walter Benjamins Thesen zur Philosophie des Geschichsbegriffes.
Miriam Elizabeth Burstein untersucht in Aufhebung von Messiasfiguren, wie Miéville Ideen des Märtyrertums und des Messianismus mit der Figur des Judah Low umarbeitet.
Schließlich schreibt John Quiggin mit Vergangenheit (und Zukunft) um-modeln über Der Eiserne Rat im historischen Zusammenhang, und legt dar, wie der titelgebene Zug des Romans sich zu einem Mythos entwickelt der wiederkehrt um uns zu ›retten‹, so wie auch die revolutionären Traditionen des neunzehnten Jahrhunderts die in Der Eiserne Rat gefeiert werden, weiterhin als Quellen der Inspiration dienen.
Auf all das Vorgebrachte und mehr antwortet China mit seiner Erwiderung Mit einem Sprung sind wir frei….
Ich hab mir wiederum erlaubt viele Fußnoten als hilfreiche Handreiche für hiesige Leser beizufügen (man braucht also keinen Führerschein oder ‘n Taxi, geht alles zu Fuß).
Viel Spaß wünsch ich mit all der Revoluzzer-Phantastik, und dem anregenden Gedanken, die sich Akademiker darüber machen.
Tags: Belletristik: Phantastik, Blog, Essays, Fantasy, Literatur, Monster, Revolution, Science Fiction, Seminar
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