Montag, 31.10.2005 | 19:53 Uhr

Autor: Christiane Geldmacher

Unterlassungsklage gegen Reich-Ranicki

Marcel Reich-Ranicki hat angeblich in einem Bunte-Interview gesagt, dass er es in Ordnung findet, wenn Leute Bücher klauen, die gut sind. Angeblich. Ich habe das Interview immer noch nicht gefunden. Außerdem soll er in diesem Bunte-Interview auch gesagt haben, dass Martin Walser es den Juden verübele, dass sie den Holocaust überlebt haben. Das finde ich bei der Kulturzeit. Es ginge zu weit, meine ich – und da sollte langsam jemand de-eskalierend eingreifen. Die beiden kriegen es offensichtlich allein nicht mehr hin.
Nach wie vor finde ich aber den Artikel weder im Netz allgemein noch bei der Bunten speziell. Ich lese nur, dass Rudolf Scharping wieder mal vom Rad geflogen ist und Liz Hurley ein Figurproblem hat. Wenn die einmal im Leben ein Kulturthema haben, könnten sie es doch ein paar Tage stehen lassen! Oder sehe ich es nur nicht?

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12 Kommentare

  1. Oliver Gassner Says:

    Lass mich raten: Nicht 100% der Print-Bunten ist online. Nur das wichtige wie Scharping, nicht das Unwichtige wie MRR und MW 😉

  2. Florian Says:

    Das Originalzitat ist: „Ich prüfe erst einmal, was für ein Buch der Mensch geklaut hat. Wenn es ernste und gute Literatur ist, spreche ich ihn frei.“

    Auf der Bunte-Seite ist das jedoch wirklich nicht zu finden, dafür aber an vielen anderen Stellen mit jeweiligen Verweisen auf das Bunte-Interview.

  3. Regula Erni Says:

    Naja, etwas ist hier Reich-Ranicki
    und die Bücherdiebe

    den Rest finden wir auch noch – wir müssen nur gemeinsam suchen

  4. Regula Erni Says:

    …und hier findet sich der …und
    noch ein Artikel
    – allerdings nicht in der „die Bunte“

  5. Christiane Geldmacher Says:

    digging blog!
    genau, wir lassen uns von der bunten nicht kleinkriegen, bloß weil sie ihr interview nicht ins netz stellen!
    wahrscheinlich haben sie reich-ranicki solange aufgereizt, bis er den quatsch über walser verzapft hat, der sich seinen „tod eines kritikers“ allerdings auch hätte sparen können.
    altersstarrsinnige männer.

  6. Markus Kolbeck Says:

    „wahrscheinlich haben sie reich-ranicki solange aufgereizt,…“

    Am Tag nach dem Interview wurde er nochmals von einem Journalisten angerufen und bestätigte seinen Ausdruck. D.h. der Affekt ist es nicht allein.

  7. Christiane Geldmacher Says:

    Der Affekt dauert glaube ich seit Jahren. Walser schadet sich ohne Ende und Reich-Ranicki scheint gerade erst anzufangen. Aber wer hat was davon außer dem Boulevard? Gibt es nichts Wichtigeres? Die braune Brut ist überall. Um die sollten die Herrschaften sich kümmern anstatt um ihr Scharmützel, das ich weder vom einen noch vom anderen ernstnehme.

  8. hab Says:

    hier der wortlaut des interviews (ausschnitt), fett von mir:

    Bunte, 20. Oktober 2005, S. 114c

    (…)
    Ihr Lieblingsgedicht?

    Klaerchens Lied aus Goethes „Egmont“. Wollen Sie’s hoeren? Na schoen: „Freudvoll und leidvoll, gedankenvoll sein, langen und bangen in schwebender Pein, himmelhoch jauchzend, zum Tode betruebt; gluecklich allein ist die Seele, die liebt.“

    Wollen wir ueber Martin Walser reden?

    Lieber nicht. Vielleicht nur so viel: Er hat, sinngemaess, geschrieben, dass die Juden, die den Holocaust ueberlebt haben, allein durch ihre Existenz ihren deutschen Zeitgenossen das Leben schwer machen. Mit anderen Worten: Er veruebelt Juden, dass sie ueberlebt haben. Das ist durchaus kein Antisemitismus, das ist schon Bestialitaet.

    Welches Buch empfehlen Sie fuer die ewige Reise?

    Nach dem Tod kann man nichts lesen. Aber schoen, wer an das Jenseits glaubt, dem empfehle ich meinen Gedichte-Kanon, fuer den ich 1400 Gedichte ausgewaehlt habe.
    Koran, Talmud oder die Bibel – aus welchem Religionsbuch koennen wir am meisten lernen?
    Weder den Koran noch den Talmud habe ich gelesen, dafuer in der Bibel einiges Interessantes gefunden, zum Beispiel die ueberaus moderne Geschichte „Amnons Schandtat an Absaloms Schwester“ im zweiten Buch Samuel, Kapitel 13. Manches klingt hier, als haetten es Strindberg oder Hemingway geschrieben. (…)

    Interview: Paul Sahner

  9. Oliver Gassner Says:

    Hm, MRR hat schon so seine eigene Art der ‚Zurückhaltung‘. Will nix sagen und impliziert dann die ‚bestie‘. Ich hab den text nicht präset, aber wo sagt Walser sowas? Oder seine Figur?

  10. Paperback Fighter Says:

    Das Widerliche am neu entbrannten Streit der beiden alten Männer ist der lachende Dritte: Herr Lorenz, der jungsche Verfasser des Antisemitismus-Buchs über Walser, das MRR zu seinen Ausfällen veranlaßt hat. Zur Wirkung dieses Buchs habe ich vor Wochen etwas Erstaunliches herausgefunden, das noch niemandem (am allerwenigsten den Herren Journalisten, die von dem unwürdigen Hickhack profitieren) aufgefallen zu sein scheint. Mehr dazu, sobald ich mich dazu aufgerafft haben werde, etwas über den peinlichen Fall zu schreiben.

  11. Christiane Geldmacher Says:

    stimme oliver zu. das „sinngemäße“ würde ich gern erst mal im original von walser lesen. von dieser „sekundärliteratur“ zum antisemitismus-walser habe ich im spiegel auch schon gelesen. fand es ziemlich konstruiert.

  12. Kritische Ausgabe Says:

    Ein bunter Strauß Kurznachrichten

    Leider können wir in der K.A. plus nicht über jedes erwähnenswerte kulturelle Ereignis in der gebotenen Ausführlichkeit berichten. Aber zumindest Hinweise geben möchten wir, zum Beispiel auf interessante Feuilletonartikel und Internetseiten, die …

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