Freitag, 13.02.2009 | 09:11 Uhr

Autor: Andreas Schröter

Tom Rob Smith: Kolyma

Tom Rob Smith: »Kolyma«Fortsetzungsromane fallen oft gegenüber dem Erstling ab. So ist es leider auch bei Tom Rob Smith, der Anfang vorigen Jahres mit „Kind 44“ einen gefeierten Thriller vorlegte. „Kolyma“ ist zwar in den Einzelszenen genauso spannend und stilistisch gut geschrieben, aber als Ganzes viel zerfahrener als sein Vorgänger, in sich nicht wirklich geschlossen. Eigentlich handelt es sich dabei um – mindestens – drei Einzelgeschichten, die nur recht lose miteinander verbunden sind.

In der Nach-Stalin-Ära unter Chruschtschow kämpft EX-KGB-Mann Leo Demidow anfangs gegen Menschen, die sich für erlittene Folterungen unter Stalin rächen wollen. Im Mittelteil versucht er einen Gefangenen aus einem sibirischen Gulag zu befreien und wird dort gefoltert. Und am Schluss findet Leo sich unvermittelt im Ungarn-Aufstand von 1956 wieder, um dort an der Seite der Aufständischen gegen das russische Militär zu kämpfen. Eine Amazone in Lara-Croft-Manier kommt vor und ein pubertierendes Mädchen mit kriminellem Potenzial. Das alles ergibt eine recht krude und seltsam uneinheitlich wirkende Mischung.

Es gibt eine Reihe von Bezügen zu „Kind 44“, weswegen Tom-Rob-Smith-Einsteigern empfohlen sei, zunächst dieses erste Buch zu lesen. Auffällig an beiden Büchern – aber mehr noch an „Kolyma“ – ist die große und sicherlich nicht immer nötige Brutalität. Würde der Stoff verfilmt, würde das einen Film mit einer Altersfreigabe ab 18 Jahren ergeben. Insgesamt nur bedingt empfehlenswert.

Tom Rob Smith: Kolyma.
Dumont, Januar 2009.
480 Seiten, Hardcover, 19,95 Euro.

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3 Kommentare

  1. comme il faut » Kolyma Says:

    […] mir daher auch von der Fortsetzung ähnlich spannendes. Auch wenn die Bewertung darüber bei Literaturwelt eher etwas mager ausgefallen […]

  2. Herbert Hilpoltsteiner Says:

    Kolyma von Tom Rob Smith:

    Der Roman ist zwar mit einem historischen Schleier umgeben, die einzelnen Handlungen und Geschehnisse sind aber dermaßen unrealistisch und an den Haaren herbei gezogen, dass das Lesen keine wirkliche Freude mehr macht. Wenn ich nur an die Verfolgungsjagd im Kanalsystem von Moskau oder an die Überfahrt im Sträflingsschiff denke, sträuben sich mir die Haare. Da wird das Schiff vor dem möglichen Versinken gerettet, indem Einschusslöcher an Deck von innen mit Kleidungsfetzen (oder hat jeder Sträfling mehrere Kleiderkammern gehabt) zugestopft werden!!! Oder der Aufstand in Ungarn, in dem ein vierzehnjähriges, sprachunkundiges russisches Mädchen zu einer Hauptfigur wird, an die sich bei einer Bildvorlage irgendwo in Budapest sofort mehrere Menschen erinnern. Beachtlich auch der kriminalistische Spürsinn von Leo, der beim Betrachten eines leicht beschädigten Stuhls sofort erkennt, dass sich das (blutüberströmte und übel hergerichtete) Opfer selbst erhängt hat und die Leiche von den Angehörigen zwecks Vertuschung der Schande so hergerichtet wurde.
    Ich erwarte beim Lesen einfach mehr Realitätssinn, weil ich sonst keine spannung mehr aufbauen kann.

  3. Vanessa Says:

    Nach dem Buch von Alexandr Solzenicyn „Archipelag GULag“ erscheint dieses Buch wohl als ein Versuch die bittere Realität von damals mit Entertainment zu vermischen.

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