Mittwoch, 07.06.2017 | 07:44 Uhr
Autor: Andreas Schröter
688 Seiten und jede einzelne lesenswert – das lässt sich über „Ein Mann der Tat“ des 1949 geborenen amerikanischen Schriftstellers Richard Russo sagen, der 2002 den Pulitzer-Preis gewonnen hat.
Der Roman nähert sich den Einwohnern des fiktiven Städtchens North Barth an der amerikanischen Ostküste, die sich gegenüber ihren Nachbarn in dem viel schöneren, reicheren und besseren Nachbarort Schuyler Springs – den gibt’s wirklich – immer ein wenig im Hintertreffen fühlen.
Da ist Polizeichef Raymer, die Hauptfigur, der im Auto seiner verstorbenen Frau Becka eine Garagenfernbedienung findet, von der er annimmt, dass sie Beckas Liebhaber gehört. Sein Ziel ist es nun, das Ding vor jedem Garagentor am Ort auszuprobieren, um herauszufinden, wer der verhasste Mann ist.
Weitere Figuren sind der gewitzte Sully, der nicht mehr lange zu leben hat, sein zurückgebliebener Kumpel Rub, eine widerborstige schwarze Polizistin, ihr verhaltensgestörter Bruder und der impotente Bauunternehmer Carl – um nur einige zu nennen.
Zu allem Überfluss bricht eine Giftschlange aus, ein Gebäude stürzt ein, Raymer fällt in ein offenes Grab, und ein Blitzschlag fördert eine Seite bei ihm zutage, die er bisher noch gar nicht kannte. Und könnte es sein, dass er sich in seine Mitarbeiterin verliebt hat?
Das alles hört sich so zusammengefasst nach üblem Klamauk an, ist es aber nicht. Russo gelingt es, seine Figuren all diese grotesken Absonderlichkeiten erleben zu lassen, ohne dass der Leser denkt: ,So ein Quatsch‘. Alles wirkt folgerichtig, durchaus nachvollziehbar und humorvoll.
Besonders den labilen Polizeichef Raymer, der sich eigentlich von allem und jedem gnadenlos überfordert fühlt, schließt man als Leser schon nach wenigen Seiten ins Herz.
„Ein Mann der Tat“ ist weniger ein Gesellschaftsporträt amerikanischer Kleinstädte wie das neulich hier vorgestellte „Licht und Glut“ von Jennifer Haigh als vielmehr ein Unterhaltungsroman, der einfach nur Spaß macht.
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Richard Russo: Ein Mann der Tat
Dumont, Mai 2017
688 Seiten, gebundene Ausgabe, 26 Euro
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