Donnerstag, 23.08.2012 | 08:54 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Amüsant und zugleich tiefsinnig ist ein Roman mit einem ganz langen Titel: „Die gesammelten Peinlichkeiten unserer Eltern in der Reihenfolge ihrer Erstaufführung“. Autor Kevin Wilson stellt darin das Ehepaar Caleb und Camille Fang vor, das sein Leben der Happening-Kunst verschrieben hat. Die hat vor allem das Ziel, in der Öffentlichkeit Chaos in jedweder Form anzurichten. Zu leiden haben darunter die Kinder Annie und Buster – von den Eltern nur „Kind A“ und „Kind B“ genannt -, denn kein Restaurantbesuch, kein Einkauf im Supermarkt geht bei den Fangs ohne einen riesigen Aufruhr ab.
Sogar im Erwachsenenalter kommen Annie und Buster, sie ist inzwischen Schauspielerin, er Schriftsteller, nicht von ihren Eltern und ihrer Profession los. Die Lage spitzt sich zu, als Caleb und Camille spurlos verschwinden und ihre Kinder nicht wissen, ob ihnen etwas zugestoßen ist oder es sich wieder um eine gigantische Performance handelt.
Der Roman, der aus der Perspektive der Kinder geschrieben ist, spielt mal im Erwachsenenalter von Buster und Annie, mal in ihrer Kinderzeit. Als Leser bestaunt man die aberwitzigen Performance-Ideen der Eltern und ist zugleich bestürzt, mit welcher Radikalität sie restlos alles, sogar ihre Gesundheit, der Kunst unterordnen. Einmal verlassen sie beispielsweise ein brennendes Haus scheinbar seelenruhig Hand in Hand, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt schon Verbrennungen erlitten haben. Heikel wird es immer dann, wenn sie auch das seelische Wohl ihrer Kinder aufs Spiel setzen. Fragen wie „Wie weit darf Kunst gehen?“, „Wie radikal darf sie sein“ werden hier angerissen. „Die gesammelten Peinlichkeiten …“ ist eine kurzweilige Mischung aus Unterhaltung und einer tiefergehenden – aber nicht zu tiefen – Betrachtung über Kunst. Absolut lesenswert.
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Kevin Wilson: Die gesammelten Peinlichkeiten unserer Eltern in der Reihenfolge ihrer Erstaufführung.
Luchterhand, Juli 2012.
382 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.
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