Donnerstag, 10.11.2011 | 21:43 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Mit ihrem neuesten Buch „Meine Zeit der Trauer“ verarbeitet die renommierte US-amerikanische Schriftstellerin Joyce Carol Oates den Tod ihres Mannes Raymond Smith, mit dem sie 47 Jahre verheiratet war.
„Ray“ Smith, der einen kleinen Verlag leitete und gemeinsam mit seiner Frau die Literaturzeitschrift „Ontario Review“ herausgab, starb 77-jährig im Februar 2008 völlig überraschend an den Folgen einer Lungenentzündung. „Meine Zeit der Trauer“ ist kein Roman, sondern eine Autobiographie, die im wesentlichen die Monate Februar bis Mai 2008 umfasst.
Die 1938 geborene Autorin, die zuletzt die auch in Deutschland gefeierten Romane „Niagara“ und „Geheimnisse“ herausgebracht hat, beschreibt sehr eindringlich, offen und völlig schonungslos gegenüber sich selbst, wie der Tod des geliebten Mannes ihr den Boden unter den Füßen entreißt. Sie kann nicht mehr schlafen, wiegt zwischenzeitlich nur noch 47 Kilogramm und wird beinahe abhängig von Schlafmitteln und Antidepressiva. Schlagen ihr die geringsten Schwierigkeiten entgegen – wie in einer Behörde, in der sie die Fahrzeugpapiere des gemeinsamen Autos auf ihren Namen überschreiben lassen will – erleidet sie fast einen Nervenzusammenbruch und bricht in Tränen aus. Immer wieder trägt sie sich mit Selbstmordgedanken.
Man wundert sich, mit welcher Radikalität und Courage Oates intime, persönliche Details aus dieser Leidenszeit öffentlich macht. Und man ist erstaunt über die Intensität an Liebe, die diese beiden Menschen füreinander empfunden haben müssen.
Die düstere Zeit, die die Autorin über fast 500 Seiten ausbreitet, hat irgendwann ein Ende. Im Buch symbolisch dargestellt durch zwei vermisste Ohrringe, die sie im Müll wiederfindet, schöpft sie neuen Lebensmut. Sie lernt einen neuen Mann kennen, den sie – aber das ist nicht mehr Thema des Buches – bereits im März 2009 heiratet.
Die Lektüre von „Meine Zeit der Trauer“ ist wegen der durchgängigen Düsternis des Stoffes für den unbeteiligten Leser anstrengend, keine Frage – aber für denjenigen, der vielleicht ebenfalls gerade einen Menschen, der ihm nahe stand, verloren hat, könnte dieses Werk zur wichtigen Lebenshilfe werden.
————————————-
Joyce Carol Oates: Meine Zeit der Trauer.
S. Fischer, Oktober 2011.
494 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,95 Euro.
Mit flattr kann man Bloggern mit einem Klick Geld zukommen lassen. Infos
16.11.2011 um 11:08 Uhr
Das mit der Trauer ist so eine Sache. Jeder empfindet das Gefühl des „Verlassen werden“ anders und jeder Mensch wird damit auch anders umgehen. Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, dieses Gefühl zuzulassen und nicht zu unterdrücken. Aber das ist nur meine Meinung. Gott-Sei-Dank gibt es ja genügend gute Literatur über die Trauer, wo man gute Trauerhilfe bekommen kann. Wer gar nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht, findet hier Unterstützung. Danke.
25.11.2011 um 12:24 Uhr
Das Buch „Meine Zeit der Trauer“ von Joyce Carol Oates kenn ich leider nicht. Ich habe mich auf „Sterbens ins Leben hinein“ von Diana Sommerfeld gestürzt, als es mir so schlecht ging. Ich war 27 Jahre glücklich verheiratet und durch einen schlimmen Betriebsunfall verlor ich meinen Mann. Das Buch von Diana Sommerfeld wurde mir vom damaligen Bestattungsinstitut empfohlen. Dafür bin ich noch heute dankbar und kann es ebenso empfehlen wie die Tatsache, sich der eigenen Trauer zu stellen und nicht davonzulaufen. LG Edith