Mittwoch, 13.12.2006 | 17:08 Uhr
Autor: Christoph Mann
Günther Zäuner ist ein erstaunlicher Schriftsteller. Er ist Autor für Sach- und Drehbücher, aktiv als Fernsehjournalist und relativ erfolgreich mit seiner Kokoschansky-Reihe. Ein ziemlich glaubwüdiger Autor also.
Nun aber schreibt er einen Roman, der in der höchsten Liga der Verschwörungstheorien mitspielen kann, in dem es um Terror, Moslems, die USA, Geheimbünde und Sekten geht. Sein Stil erscheint auf den ersten Seiten des Buches noch gewöhnungsbedürftig, obwohl bereits jetzt eine hohe Kunst und Sicherheit in der Beschreibung einer Explosion in einer Kiche hervorschaut, doch der Start ist wohl zu plötzlich, zu offensiv, zu infernalisch, als dass man sofort bereit wäre, sich mit dem Geschehen zu identifizieren und verbleibt ein wenig zäh.
Aktueller Hintergrund, unglaublich fesselnd und stilsicher
Die Distanz zu Beginn des Romans läßt aber sehr schnell nach und ist man mitten im Geschehen. Zäuners stilsichere Präsens-Schreibweise umschlingert als allwissender Erzähler das Geschehen, schwimmt aber vornehmlich im Geist von Kokoschansky mit. Heinz mit Vornamen, Koko in der Abkürzung genannt, ist frisch verheiratet und Vater, außerdem der Prototyp aller Verschwörungstheorien-Helden: Ein berühmter Journalist im kleinen, unschuldigen Österreich.
Und, wie alle berühmte Thriller-Journalisten, gesegnet mit einer intuitiven Spürnase, die ihm sofort aufzeigt, dass bei der Explosion einer kleinen Wiener Kirche nicht alles mit rechten Dingen zuging. Koko fängt Feuer, kann es nicht lassen, in die Gewohnheiten zurückzuverfallen, denen er als Vater abgeschworen hatte.
So zieht sich der daraus entstehende Streit zwischen Koko und seiner Frau mit der klassischen Frage: „Der Beruf oder die Familie!“ dahin, während nach der Kirchenbombe ein Priester erstochen wird, auf Beerdigungen und Hochzeiten Anschläge verübt werden und der Hass auf Muslime sich ins grenzenlose steigert. Krawalle und Pogrome beginnen ebenso wie der Terror in Österreich und weiten sich danach auf ganz Europa aus. Die Geschichte wird in vielen messerscharfen Situationsbeschreibungen und sehr gelungenen Dialogen erzählt, in denen zwischen den Zeilen (selten in diesem Genre) zwischenmenschliche Beziehungen und österreichischer Humor lauern.
Gegen Ende wird es immer rasender und schneller
Immer mehr Menschen, mit denen Kokoschansky Kontakt wegen dem Fall aufnahm, sterben dahin, werden ermordet, von einem unheimlichen Killer mit dem Kürzel „666“. Dann kommt der Journalist auf die Spur einer christlichen Sekte…
Das vorliegende Buch ist ein exzelenter Verschwörungsthriller um aktuelle weltpolitische Ereignisse, der alle Register zieht, ohne daß die baldige Enthüllung, wer für die Anschläge verantworlich zeichnet, die Spannung nehmen würde. Im Gegenteil: Je weiter man fortschreitend, umso mehr gerät man in den Bann der Geschichte und möchte überhaupt nicht mehr aufhören zu lesen. Gegen Ende steigert sich das ohnehin rasante Tempo in ein irrsinniges Stakatto, Schlag auf Schlag prasseln überraschende Ereignisse und Wendungen, und Kokoschansky – mit ihm der Leser – kommt gar nicht mehr zur Ruhe, immer und überall war 666 schon schneller als er.
Beinahe schon erschreckend sind die – mit Quellenverweis recherchierten – Informationen, die Kokoschansky am Ende erhält. Nicht umsonst ist Zäuner auch Sachbuchautor. Die Gedankengänge, die sich nun aufdrängen, werfen ein erschreckend anderes Licht auf den weltweiten Terror als man stereotyp zu glauben gedrängt wird.
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13.12.2006 um 20:36 Uhr
Hallo liebe Literaturblogger!
Ne feine Seite habt ihr da!
Da ich keine Ahnung habe, wie trackback, pingback usw. funktionieren, teile ich euch auf diesem Wege mit, dass ich in meinem Blog beim heutigen Post zum Geburtstag von Robert Gernhardt einen Link zu euerm Gernhardt-Nachruf eingebaut habe.
lg, Don Farrago
22.09.2011 um 0:56 Uhr
ich habe das buch el austriaco gelesen und finde das ist ein ausgekochter schwachsinn! nie und nimmer hat sich das so abgespielt! wer das glaubt dem ist nicht mehr zu helfen