Montag, 19.08.2019 | 08:15 Uhr
Autor: Andreas Schröter
In Chip Cheeks Roman „Tage in Cape May“ verbringt ein etwas biederes Paar im Jahre 1957 seine Flitterwochen an der amerikanischen Ostküste. Es ist Spätsommer, viele Läden und Restaurants haben bereits geschlossen, und Effie und Henry langweilen sich. Als sie schon überlegen, die Reise vorzeitig abzubrechen, treffen sie auf das lebenslustige Paar Max und Clara sowie Max‘ Halbschwester Alma – und alles verändert sich: Die fünf neuen Freunde gehen gemeinsam segeln, sie feiern, spielen, betrinken sich und steigen zum Spaß in unbewohnte Nachbarhäuser ein. Doch dann beginnt Henry eine leidenschaftliche Affäre mit Alma, für die er sich jede Nacht aus dem Ehebett schleicht …
Chip Cheek, einem 1976 geborenen amerikanischen Schriftsteller, gelingt es seinem Debütroman, die unterschiedlichen Charaktere seiner fünf Hauptfiguren psychologisch glaubhaft einzufangen. Durch den gesamten Roman zieht sich eine erotische Atmosphäre, und auch die vielen Sexszenen gleiten keinesfalls ins Peinliche oder Platte ab.
Natürlich spielen im Subtext auch immer Fragen um Schuld und Moral eine Rolle – nach dem Motto: Wie kann man nur in den Flitterwochen seine frisch Angetraute nach Strich und Faden betrügen. Doch dem Autor gelingt das Kunststück, Henry nicht nur und ausschließlich als amoralischen Mann darzustellen, sondern sein Handeln für den Leser sogar bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar zu machen – auch deshalb vielleicht, weil Ehefrau Effie mit täglichem Beten und ihrem Bestehen auf den sonntäglichen Kirchgang als etwas bigott dargestellt wird – Alma dagegen eher als Femme fatale, in die man(n) sich einfach verlieben muss.
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Chip Cheek: Tage in Cape May.
Blessing Verlag, Mai 2019.
336 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.
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