Dienstag, 04.10.2011 | 08:50 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Was als Liebesgeschichte beginnt, entwickelt sich mehr und mehr zu einem düsteren Stasi-Thriller. Antje Rávic Stubels „Sturz der Tage in der Nacht“ ist ein Roman mit vielen Facetten.
Der junge Erik verliebt sich auf einer skandinavischen Vogelschutzinsel in die 16 Jahre ältere Forscherin Inez. Doch die Liaison der beiden bleibt alles andere als ein luftiger Sommerflirt.
Autorin Antje Rávic Strubel, geboren 1974, enthüllt in Rückblenden nach und nach, dass Erik und Inez etwas verbindet, das weit in eine Zeit hineinreicht, in der die DDR mit den menschenverachtenden Intrigen ihrer Staatssicherheit noch in voller Blüte stand.
Der Autorin gelingt dabei gleich Mehreres: Sie fängt die Atmosphäre auf der sturm-umtosten Insel hervorragend ein, sie vermag es, dem Leser die Faszination der Vogelkunde anhand der tief tauchenden Lummen und Alken zu vermitteln, und sie hat die Arbeit der Stasi und das dumpfe Klima, das in der DDR noch in den 80er-Jahren herrschte, genau recherchiert.
Ihre Figuren dagegen, zu denen auch ein heutiger CDU-Bundestags-Kandidat und früherer Stasimann sowie sein Gehilfe gehören, wirken an einigen Stellen einen Tick zu holzschnittartig und zu wenig lebendig.
Dennoch bleibt „Sturz der Tage in die Nacht“ ein lesenswertes Buch, das von einer großen Liebe und dem Einfluss der alten Stasi-Aktivitäten auf unsere Gegenwart erzählt.
Sogar ein handfester Tabubruch kommt vor. Den an dieser Stelle zu verraten, hieße jedoch, dem Buch schon vorab eine seiner wichtigsten Pointen zu entreißen.
Antje Rávic Strubel, die in Potsdam und New York Literaturwissenschaften, Psychologie und Amerikanistik studierte, hat für frühere Romane bereits mehrere Literaturpreise erhalten – unter anderem den Marburger Literaturpreis und den Hermann-Hesse-Preis.
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Antje Rávic Strubel: Sturz der Tage in die Nacht.
S. Fischer, August 2011.
437 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.
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