Samstag, 29.10.2005 | 15:03 Uhr
Autor: Regula Erni
Die NZZ berichtet über Martin Walser, der sich mit juristischen Mitteln gegen Marcel Reich-Ranicki wehrt. Marcel Reich-Ranicki hat Post vom Anwalt Martin Walsers bekommen. Er soll eine Unterlassungserklärung unterschreiben. Nicht wiederholen dürfen soll MRR, was er der Illustrierten «Bunte» gesagt hat: «Er Martin Walser verübelt Juden, dass sie überlebt haben. Das ist durchaus kein Antisemitismus, das ist schon Bestialität.» Reich-Ranicki meint dies tatsächlich so, wie er auf Nachfrage bestätigte, will aber die geforderte juristische Erklärung abgeben. Ob sein Einlenken dazu führt, dass eine von Walser zusätzlich erwogene Strafanzeige unterbleibt, wird man sehen. Seit Walsers Gegner sich darauf verständigt haben, man brauche im Werk des Schriftstellers zwischen Figuren- und Autorenperspektive nicht länger zu unterscheiden und könne geschilderte Äusserungen und Empfindungen Dritter unmittelbar Walser persönlich zurechnen, drohen die gegen ihn gerichteten Antisemitismus-Vorwürfe jedes Mass zu verlieren. Bestärkt fühlt man sich von Matthias Lorenz, dessen Dissertation zum Thema (NZZ 13. 9. 05) die trübe Kunst des sinnentstellenden Walser-Zitats vollendet beherrscht. Auch den Ausfall von MRR in der «Bunten» gäbe es ohne Lorenz wohl kaum. So unschön sich Justitia als Ordnungsmacht im Literaturbetrieb ausnimmt: Bei offensivem Rufmord ist juristische Gegenwehr ein verständliches Mittel.
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29.10.2005 um 15:35 Uhr
Soweit übrigens die Originalquellen noch online sind findet sich die Literaturwelt-Dokumentation zur Walser-Antisemitismus-Debatte hier:
http://www.carpe.com/literaturwelt/Themen/Walser-Antisemitismus-Debatte/
bzw. bei carpe/literaturwelt und den Such-Partnern:
http://search.freefind.com/find.html?oq=waslser&id=6725168&pageid=r&lang=en&query=martin+walser&Find=Search&mode=ALL