Montag, 28.10.2013 | 21:15 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Ein einfühlsamer und vielschichtiger Roman ist Uwe Timm mit seinem neuen Werk „Vogelweide“ gelungen. Es handelt von zwei Paaren, bei denen sich einer der Männer, Eschenbach, in die Partnerin des anderen verliebt. Eine heimliche und leidenschaftliche Affäre beginnt. Dass die nicht von Dauer ist, weiß der Leser bereits zu Beginn, weil sich die Handlung fast ausschließlich in Rückblenden erschließt.
In der erzählten Gegenwart ist Eschenbach der einzige Mensch auf einer Insel in der Nordsee, wo er von März bis Oktober als Vogelwart angestellt ist. Diese Flucht aus seiner früheren Lebenssituation, in der er Inhaber einer Software-Firma war, deutet bereits früh auf eine Katastrophe hin, die sich in seinem Leben ereignet haben muss.
Dennoch bleibt „Vogelweide“ jederzeit interessant. Das liegt auch an der genauen Zeichnung der vier Hauptfiguren, die, bestückt mit individuellen Charaktereigenschaften, allesamt lebensecht und glaubhaft wirken. Der Roman spielt in einem gebildeten kunstinteressierten Milieu, wo man den Rotwein erst „atmen“ lässt, bevor man ihn trinkt, und wo man schon mal ein Schmuckstück oder ein Bild für ein paar tausend Euro kauft. Vielleicht kann man Uwe Timm, geboren 1940, vorwerfen, dass er dieses intellektuelle Gehabe zu wenig bricht.
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Uwe Timm: Vogelweide.
Kiwi, August 2013.
336 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
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