Montag, 03.10.2011 | 11:48 Uhr

Autor: JosefBordat

Übersichtliche Ideenschau

Eine Broschüre des „Go for Climate e.V.“ zeigt uns einen üppigen „Klimaschatz“

 

Dass Klimawandel eines der großen Themen des 21. Jahrhunderts ist, braucht wohl keiner näheren Erläuterung. Dass Klimaschutz eine globale Aufgabe unserer Tage ist, auch nicht. Etwas erklärungsbedürftig ist dann aber doch, dass Klimaschutz gar nicht so schwer und kostspielig sein muss, wie immer gesagt oder geschrieben. Mehr noch: Dass wir bereits jetzt über einen großen „Klimaschatz“ verfügen. Mit dem gleichnamigen Buch (besser: der Broschüre) hält man – so dessen Autoren Marilyn Heib, Tom-Robin Teschner und Anne Gröger die Schatzkarte in Händen.

 

Die Herausgeber/innen und Autor/inn/en des „Go for Climate e.V.“ präsentieren 50 Ideen zur Reduktion des Kohlenstoffdioxidausstoßes, bewerten deren Effekt, stellen ihn graphisch dar und regen in kurzen Kommentaren zu weiteren Schritten in den betreffenden Aktionsfeldern in den Gesellschaftsbereichen „Staat“, „Industrie“ und „Haushalte“ an. Wenn private und öffentliche Hände in die Truhe greifen und sich bedienen, dann steht dem effizienten Klimaschutz nichts mehr im Weg. Am Ende steht für Heib, Teschner und Gröger die Aussicht auf eine bessere Welt, in der ungefähr ein Drittel der Energie und des Kohlenstoffdioxids eingespart wird.

 

Sicher – in der Kürze liegt zwar die Würze und die Übersichtlichkeit ist gerade im Metier „Klimaschutz“, das durch eine Fülle von Neuerscheinungen immer unübersichtlicher wird, ein nicht zu unterschätzender Bonus, doch wird die Hochglanzbroschüre die Klimaskeptiker kaum überzeugen können. Auch wer tiefschürfende Diskussionen zu den kontroversen Thesen des Klimawandels (etwa zu dessen Anthropogenität oder zu der Auffassung, Adaption sei sinnvoller als Mitigation) sucht, wird nicht fündig werden und enttäuscht sein. Doch dafür ist der „Klimaschatz“ auch gar nicht gehoben worden, sondern für die, die ja prinzipiell gerne wollten, wenn sie nur zu können glaubten und wüssten, wo konkret anzusetzen wäre. Diese Zielgruppe der ebenso besorgten wie trägen Normalbürger erhält wertvolle Hinweise. Nicht jede und jeder kann alles gleich umsetzen, doch die Autoren geben umsetzbare Anregungen. Aus jedem Bereich sei dafür ein Beispiel genannt.

 

In Staat, Verwaltung und anderen öffentlichen Einrichtungen lassen sich vor allem bei Baumaßnahmen Energieeinsparungen erreichen. Doch die Bäume wachsen hier im Einzelfall nicht in den Himmel, wie der – aus energetischer Sicht – etwas ernüchternde Fall einer Kirchensanierung zeigt, bei der 140.000 Euro für Energiesparmaßnahmen ausgelegt wurden, um dann jährlich 6.300 Euro zu sparen. Amortisationszeit: über 22 Jahre. Das scheint lang und für die Motivation eher abträglich. Hier kommt es auf die Gesamtsicht an, um die Investition für gelungen zu befinden.

 

Der größte Batzen an Energie kann von der Industrie durch Prozessoptimierung und Bedarfsanpassung eingespart werden. Beispiel: Kühlanlagen. Hier können Investitionen von 383.000 Euro zu jährlichen Einsparungen i.H.v. 152.000 Euro führen. Nach nur zweieinhalb Jahren hat man die Mehrkosten wieder drin. Das lohnt sich!

 

Überraschend das Beispiel „Computer“, ein Handlungsfeld, das hier im Bereich „Privathaushalte“ angeführt wird, aber sicherlich auch die beruflichen Nutzer aus den Verwaltungsbüros von Politik und Wirtschaft angeht. Motto: Netbook statt Notebook. Nicht nur, dass man damit Energie spart (7 Euro pro Jahr), Netbooks sind auch günstiger in der Anschaffung. Dass sie – nach Meinung der „Go for Climate“-Autor/inn/en – auch ein schickeres Design haben, ist sicher Geschmackssache.

 

Auch, wenn nicht alle Blütenträume reifen werden und die über 50 Mrd. Euro an jährlichen Einsparungen, die das Autorenkollektiv uns prophezeit, wenn nur die vorgeschlagenen Maßnahmen ergriffen werden, einer wirklich belastbaren Datenbasis mangeln und „paradoxe Effekte“ (etwa bei der Beleuchtung, vgl. dazu Die Ethik des Lichts) ausgespart werden, so kann man zurecht von einem „Schatz“ sprechen. Es kommt nun darauf an, ihn zu bergen und die Beute fair und mit Augenmaß und Sachverstand zu verteilen. Denn sonst kann es schnell zur „Meuterei auf der Deutschland“ kommen, wenn Industriekapitäne geschont und einfache Matrosen mit Einschränkungen überbelastet werden.

 

Bibliographische Daten

Marilyn Heib, Tom-Robin Teschner, Anne Gröger (Hrsg.): Der Klimaschatz – 50 Praxis-Beispiele, wie wir mit Energieeffizienz Kosten senken, Arbeitsplätze schaffen und das Klima schützen können
München: Oekom (2011)
144 Seiten, € 19,95
ISBN-13: 978-3-86581-272-8

Josef Bordat

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Ein Kommentar

  1. Yvonne Says:

    Wenn wir alle bewusst mit Energie umgehen würden und nicht so nach dem unmöglichen streben würden, dann würden sich diese Frage gar nicht stellen.
    Die Energie wird heutzutage viel zu selbstverständlich genommen. Vllt sollte erst einmal an diesem Verständnis arbeiten.

    Gruß
    Yvonne von Kosten senken Klima schützen

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