Donnerstag, 04.12.2014 | 09:50 Uhr
Autor: JosefBordat
Große Ereignisse werfen bekanntlich ihre Schatten voraus. Geht es dabei um Kirchenlehrerinnen und -lehrer, so handelt es sich bei diesen Schatten um Publikationen, die das Großereignis gebührend würdigen sollen. So auch im vorliegenden Fall. Am 28. März 2015 jährt sich der Geburtstag der Kirchenlehrerin Teresa von Ávila zum 500sten Mal. Bereits jetzt erschien eine biographische Arbeit über die Reformatorin des Karmeliterordens im Styria-Verlag (Wien). Geschrieben hat sie der Karmeliterpater Antonio Sagardoy, ein ausgewiesener Teresa-Kenner.
Sagardoy stellt uns die „große Teresa“ als starke Frau in den Stürmen einer bewegten Zeit vor, die mit gravierenden Problemen in der Kirche konfrontiert war, nicht zuletzt auch mit Vorbehalten gegen ihre Person. Er zeigt, wie sich Teresa gegen das damalige Frauenbild in der Kirche behauptet, getragen von der Überzeugung, dass Gottes Geist die Kirche zum Guten führt – auch, wenn es manchmal anders erscheint. Der Untertitel des Buches lautet dementsprechend Trotzdem liebe ich die Kirche. Dem Trotzdem, das auf die zahlreichen Schwierigkeiten verweist, steht die Liebe entgegen, eine Liebe zu Christus, die sich in der Liebe zur Kirche zeigt.
Die Biographie wird mit diesem Ansatz ohne Zweifel ihrem Anspruch gerecht, Teresa als Leitbild für das Verhältnis vieler Katholiken (nicht nur Katholikinnen) zu ihrer Kirche einzuführen. Die Ambivalenz zwischen den allzu menschlichen Erfahrungen und dem Vertrauen in die göttliche Fügung dürfte zumindest einigen kirchennahen Christen wohlbekannt sein.
Dabei ist Teresa keine Revoluzzerin, der es auf mehr „Macht“ angekommen wäre. Ihr geht es um die spirituelle Neuausrichtung, nicht nur des Karmeliterordens, sondern der Kirche insgesamt. Und um die Rolle, die Frauen dabei spielen. Im 16. Jahrhundert galten Frauen als ungeeignet für die meditative Betrachtung. Ihr Beitrag zur christlichen Spiritualität liege allein im äußerlichen Formelgebet, etwa im Rosenkranz. Doch gerade die innerliche Kontemplation erhebt Teresa zum Kern der Frömmigkeit im Karmel.
Mehr noch: „Man gewinnt beim Lesen ihrer Schriften den Eindruck, dass sie zu behaupten wagt, dass die Frauen in der Beziehung zu Gott den Männern nicht nachstehen, sondern dass sie bessere Chancen haben als die Männer“. Heute ist eine solche These längst kein Wagnis mehr, sondern ein vielfach bestätigter religionssoziologischer Befund: Frauen sind spiritueller und religiöser als Männer, kultur- und konfessionsübergreifend. Damals warf man Teresa vor, sich zu den „Alumbrados“ zu rechnen, zu den „Erleuchteten“, eine spirituelle Bewegung in Spanien, die von der Kirche mit Argwohn betrachtet wurde. Wie andere spanische Geistesgrößen des 16. Jahrhunderts, man denke nur an Ignatius von Loyola oder Luis de León, gerät Teresa in den Fokus der Inquisition: „Während ihres Lebens erlebt Teresa zahlreiche Angriffe und falsche Anschuldigungen, nach ihrem Tod gehen diese weiter. […] Die Inquisition verfolgt die ‘Angelegenheit Teresa’ über viele Jahre hinweg“. Schließlich landen die Akten in Rom und der Vatikan prüft die Schriften Teresas erneut. 1607 werden sie „von jedem Makel der Häresie freigesprochen und den Gläubigen als gesunde Lehre empfohlen“. 1614 wird ihre Autorin selig-, 1622 heiliggesprochen. 1970 ernennt Papst Paul VI. Teresa zur Kirchenlehrerin.
Teresa von Ávila war ihrer Zeit voraus. Sagardoy stellt sogar Parallelen zu Teresas Zeitgenossen Martin Luther fest. Beide treten in einen Orden ein, beide zeigen sich dabei großen Mutes, da sie „innere Auseinandersetzungen“ zu bewältigen haben. Beide „wollen Jesus, dem Gekreuzigten, nachfolgen“, beide entdecken im Kloster „die Bedeutung der persönlichen Gemeinschaft mit Gott“. Und: „Teresa und Luther betonen die Notwendigkeit der Erneuerung, die bei der eigenen Person beginnen soll“. Diese Beobachtungen sind hinsichtlich ihrer Relevanz für eine strukturelle Parallele zwischen den beiden Größen der Kirchengeschichte sicher noch zu diskutieren – etwa im Rahmen der Würdigung der 500sten Jährung des Beginns der Reformation (2017).
Bibliographische Daten:
Antonio Sagardoy: Teresa von Ávila. Trotzdem liebe ich die Kirche.
Wien: Styria.
160 Seiten, EUR 14,99.
ISBN-13: 978-3-222-13464-7.
Josef Bordat
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