Samstag, 20.08.2011 | 12:25 Uhr

Autor: Andreas Schröter

Richard Powers: Drei Bauern auf dem Weg zum Tanz

Ricard Powers: »Drei Bauern auf dem Weg zum Tanz«Ein Foto des Kölner Fotografen August Sander aus dem Jahre 1914 war es, das den amerikanischen Autor Richard Powers („Der Klang der Zeit“, „Das Echo der Erinnerung“) 1985 zu seinem ersten großen Roman inspirierte: „Drei Bauern auf dem Weg zum Tanz.“ Erst jetzt ist er auf Deutsch erschienen.

Powers, geboren 1957, nimmt das Foto, das drei junge Männer in Anzügen und mit Spazierstöcken auf einer matschigen Landstraße zeigt, zum Anlass für ein jahrhundertumspannendes Gesellschaftsportrait. Dabei arbeitet er mit unterschiedlichen Erzählsträngen, die teils in der Zeit um den Ersten Weltkrieg, teils in den 80er-Jahren, also in der Gegenwart der Roman-Entstehung, spielen. Erst gegen Ende des Buches stellt Powers Verbindungen zwischen den Strängen her: Die Protagonisten der Gegenwart sind zum Teil Nachfahren der drei Männer auf dem Foto.

Eine solche nicht-lineare Roman-Konstruktion macht es dem Leser nicht ganz einfach, und ein gewisses Maß an Konzentration ist erforderlich, um dem 460-Seiten Buch folgen zu können. Als Schmöker für den Strand ist dieser Roman sicher nicht geeignet. Auch neigt Richard Powers dazu, immer wieder langatmige philosophische Betrachtungen zum Beispiel über das Wesen der Fotografie einzustreuen.

Trotz dieser Kritikpunkte ist „Drei Bauern auf dem Weg zum Tanz“, in dem auch der Autobauer Henry Ford eine wichtige Rolle spielt, weit davon entfernt, ein missratenes Werk zu sein. Die oft humorvollen – natürlich erfundenen – Geschichten der drei Männer auf dem Foto lesen sich durchaus unterhaltsam. Gleiches gilt für jene Textstellen, die sich mit Peter Mays, einem Redakteur bei einer Fachzeitschrift für Elektronik, drehen. Er ist besessen von einer rothaarigen Frau, die er nur einmal von weitem gesehen hat und beginnt gleichzeitig eine Liebschaft mit einer Kellnerin in einem Nobelrestaurant.

Fazit: „Drei Bauern auf dem Weg zum Tanz“ ist ein Roman mit vielen gelungenen Sequenzen, wirkt in seiner Gesamtheit aber ein wenig überambitioniert und konstruiert.
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Richard Powers: Drei Bauern auf dem Weg zum Tanz.
S. Fischer, August 2011.
462 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,95 Euro.

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2 Kommentare

  1. Carmen Says:

    Das Buch ist wirklich gut! Ich habe es gelesen und war mitgerissen. Sehr interessant und witzig geschrieben! Ich kann das Buch wirklich nur empfehlen!!

  2. Klaus Hehl Says:

    Richard Powers kann schreiben, das beweist er bereits mit diesem Buch. Es ist lehrreich, geistreich, profund und phantasievoll. Es fühlt sich an wie sauber recherchiert. – Und hier die Kritik: von allem ein wenig zu viel, zu geistreich, zu lehrreich, worunter die phantastischen Handlungsstränge leiden. Überambitioniert, wie Andreas Schlüter schreibt. Die folgenden Bücher von Powers scheinen mir konsistenter und gehören zu meinen Lieblingsbüchern.

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