Montag, 13.02.2012 | 22:24 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Man fühlt sich an die albtraumhaften Welten eines Franz Kafka und Aldous Huxley („Schöne neue Welt“) erinnert: In dem Roman „Die Untersuchung“ des französischen Schriftstellers Philippe Claudel, geboren 1962, erhält ein namenloser Ermittler in einer namenlosen Stadt den Auftrag, eine Selbstmordserie in einer namenlosen Firma zu untersuchen.
Doch von Anfang an wendet sich alles gegen ihn: Er verirrt sich im Schneeregen, brütet eine schwere Erkältung aus und wird von einer Hotel-Mitarbeiterin, der „Riesin“, drangsaliert. Das Zimmer erweist sich als nahezu unbewohnbar, im Frühstückssaal erhält er so gut wie nichts zu essen, er gerät an einen offenkundigen Psychopathen, der sich für „den Polizisten“ hält, und auch in der Firma selbst stößt er ausnahmslos auf Ablehnung und kommt keinen Schritt weiter.
Die Intention ist schnell klar: Das Buch ist eine Kritik – und auch darin gleicht es Kafka, Huxley oder auch Orwell – an einer immer unmenschlicher werdenen Gesellschaft, in der die rundum überwachten Menschen nicht mehr als Individuen, sondern allenfalls noch nach ihren Funktionen oder Nummern wahrgenommen werden – in der nicht mehr zu durchschauende molochartige Organisationen herrschen und aberwitzige Regeln ohne Sinn eingehalten werden müssen.
So nachvollziehbar und wichtig diese – allerdings nicht mehr ganz neue – Gesellschaftskritik auch ist: Wegen der durchgängigen Düsternis und Hoffnungslosigkeit bietet „Die Untersuchung“ keine ganz leichte Lektüre. Man muss ich etwas durchbeißen, zumal die Handlung mit fortschreitender Seitenzahl immer unwirklicher wird und in der Grundaussage keine neuen Aspekte hinzukommen. Positiv hervorzuheben ist Claudels gradliniger, klarer Schreibstil. Insgesamt jedoch bietet dieses Buch eher Lesefutter für den Kopf, weniger fürs Herz.
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Philippe Claudel: Die Untersuchung.
Kindler, Januar 2012.
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,95 Euro.
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17.03.2012 um 21:51 Uhr
Ich finde (aus der deutschen Übersetzung gelesen), der Autor hat sich in einen Schreibstil versetzt, der die Lektüre zu einer Marter macht.
Eine, die allerdings nicht erhellt, oder zu erhellen vermag (Blanchot etwa), sondern nur verdunkelt…