Freitag, 12.06.2009 | 10:53 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Wer den Humor Wladimir Kaminers mag, wird auch etwas mit Pauls Toutonghi anfangen können. Von Letzterem ist jetzt ein Buch mit einem besonders langen Titel im Rowohlt-Verlag erschienen: „Die Geschichte von Yuri Balodis und seinem Vater, der eigentlich ein Country-Star war“.
Beide Autoren ziehen die Eigenarten der Bewohner aus den Staaten des ehemaligen Ostblocks auf eine liebevoll-humorige Art durch den Kakao.
Bei Toutonghi steht ein Heranwachsender im Mittelpunkt, Yuri Balodis, der im Jahre 1989 mit seinen Eltern in einem Betonsiedlungs-Ghetto in
Milwaukee lebt. Die Eltern sind vor Yuris Geburt aus Lettland in die Staaten gekommen und versuchen nun, amerikanischer zu sein als die Amerikaner, haben sich aber – gottseidank für den Leser – gewisse Eigenarten ihrer Heimat bewahrt. Am schönsten ist die Stelle, als Yuri mit seiner Mutter in einen von einem anderen Osteuropäer geführten Lebensmittelladen geht und Heringe verlangt. Der Verkäufer sagt, es gebe keine Heringe. Die Mutter schreit ihn an und beschimpft ihn lautstark. Während Yuri vor Scham am liebsten im Boden versinken will,
geht der Verkäufer nach hinten und holt die Heringe.
Das Leben der drei Familienmitglieder ändert sich, als vier Verwandte aus Lettland kommen und sich für unbestimmte Zeit in der viel zu kleinen Wohnung der Balodis‘ einquartieren. Und dann gibt’s auch noch Hannah, in die Yuri verliebt ist, und eine Dummheit, die er begeht.
„Die Geschichte von Yuri Balodis …“ ist ein schönes Buch mit starken Charakteren – ein Buch, das menschliche Wärme verströmt und ein Buch, das dafür plädiert, die Menschen so zu nehmen wie sie sind – mit all ihren Schrulligkeiten und Eigenheiten. Der gesamte Roman ist von einem leisen Humor durchzogen, der ohne Schenkeklopfer auskommt. Und am Ende gibt’s sogar noch eine dicke Überraschung, die aber eigentlich gar keine ist.
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Pauls Toutonghi: Die Geschichte von Yuri Balodis und seinem Vater, der eigentlich ein Country-Star war.
Rowohlt, März 2009.
368 Seiten, Taschenbuch, 14,90 Euro.
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