Samstag, 05.12.2009 | 23:37 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Schwarz und Weiß, Ost und West sowie ganz viel Musik – das sind die Zutaten in Paul Beattys frischem, frechem, eigenwilligem, auf jeden Fall aber höchst unterhaltsamem Roman „Slumberland“.
„Slumberland“ – so heißt ein Schuppen in West-Berlin zur Zeit des Mauerfalls, in dem der Ich-Erzähler DJ Darky als „Jukebox-Sommelier“ arbeitet. Er ist schwarzer Amerikaner und aus den Los Angeles nach Deutschland gekommen, um einen legendären Jazz-Musiker, den „Schwa“, zu finden, der offenbar in Berlin untergetaucht ist. Im ersten Teil des Buches gerät diese Suche jedoch zur Nebensache. DJ Darky hat genug damit zu tun, die Eigenheiten jenes kalten und grauen Berlins zu erkunden, in dem es so schwierig ist, einen Sonnenstrahl zu erhaschen. Die Funk- und Jazz-Musik, mit der er die Jukebox im Slumberland speist, erleichtern ihm die Eingewöhnung. Und natürlich die vielen weißen Frauen, mit denen er schläft.
Und so betrachtet er die Öffnung der Grenzen in erster Linie als willkommene Möglichkeit, an „Frischfleisch“ zu gelangen. Ein herrlicher Dialog zum Mauerfall: „Wo kommen die ganzen Menschen her?“ – „Sie haben nichts davon gehört?“ – „Wovon?“ – „Die Mauer ist gefallen?“ – „Welche Mauer?“ Doch ganz so dumm, wie er sich hier gibt, ist unser Held nicht. Er ist höchst eloquent und erfindet ständig neue Ausdrücke wie „phonographisches Gedächtnis“, wodurch das Buch einen ganz eigenen mitreißenden Sound entwickelt. Dabei ergeben sich ungewohnte, weil von einem Außenstehenden stammende, Blicke auf Ost- und Westdeutsche, Neonazis, aber auch auf die Schwarzen, die im Slumberland ihren eigenen Treffpunkt haben.
Schließlich findet DJ Darky seinen Musiker namens „Schwa“, und die Party kann beginnen …
Paul Beatty, 47 Jahre alt und selbst Schwarzer, legt einen Roman vor, der Spaß macht. Besonderen Genuss dürfte er aber jenen Lesern bieten, die sich für Funk- und Jazz-Musik interessierten. Sie werden viele Musiktitel, die DJ Darky gerne hört, wiedererkennen.
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Paul Beatty: Slumberland.
Blumenbar, Oktober 2009.
318 Seiten, Hardcover, 19,95 Euro.
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