Donnerstag, 04.02.2010 | 19:58 Uhr
Autor: JosefBordat
Wilfried Hagemann über das Leben, Werk und Wirken des Bischof Klaus Hemmerle
Von Männern der Kirche wünscht man sich die sichtbare Einheit von Leben und Lehre. Sie sollen sagen, was sie tun, und tun, was sie sagen. Man wünscht sich außerdem, dass sie die Einheit der Christen befördern, denn nur in dieser Einheit ist das Zentrum des Glaubens erkennbar – der eine Gott und der eine Herr. Und wenn sie schließlich noch die Menschen in ihrem Wirkbereich , seien es Christen, Anders- oder Nichtgläubige, zu kleinen Schritten auf dem Weg zueinander befähigen und auf das Ziel der Einheit orientieren, dann kann man wohl von einer gelungener Nachfolge Christi sprechen. Oder schlicht von einem „guten Priester“. Klaus Hemmerle (1929-1994), ab 1975 Bischof von Aachen, war so ein Priester.
Hemmerles langjähriger Freund Wilfried Hagemann macht mit dem im Echter-Verlag erschienenen Buch „Verliebt in Gottes Wort“ dieses Leben in und für die Kirche einem breiten Publikum zugänglich. Die Biographie verdeutlicht anhand wichtiger Lebensstationen und Wirkungsstätten die Entwicklung des theologischen Denkens eines der großen deutschen Bischöfe des 20. Jahrhunderts. Seine Bedeutung für die Ökumene und die ökumenisch orientierte Fokolarbewegung, die kaum zu überschätzen ist, kommen dabei ebenso zur Sprache wie die pastorale Arbeit in seinem Bistum Aachen, die bleibende Spuren hinterließ und weit über die Diözese hinauswirkte.
Da Hemmerles Denken untrennbar mit der Erfahrungswelt seines Lebens verknüpft ist und die theologischen und ekklesiologischen Impulse, die er als Bischof gab, sich zumeist unmittelbar aus den Begegnungen mit Menschen motivierten, ist diese klassische Darstellungsform, ein chronologischer Durchgang „von der Wiege bis zur Bahre“, durchaus geeignet, uns nicht nur den Menschen, sondern auch den Theologen und Kirchenmann nahe zu bringen.
Sein Leben ist so reich an Stationen und Erfahrungen, dass die Biographie in viele kleine Abschnitte gegliedert werden musste, um den Leser mitzunehmen. Hagemann sorgt dafür, dass er mitkommt und Schritt halten kann mit dem Tempo des höhepunktereichen Lebens – man könnte steile Karriere sagen, wüsste man nicht genau, dass es Hemmerle daran am allerwenigsten lag. Kindheit, Berufung, Studium, Priesterweihe, Gründungsdirektor der Katholischen Akademie, Habilitation, Benennung zum geistlichen Direktor des Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), Professor, Bischof, die Rolle im Dialog mit anderen christlichen Konfessionen und dem Judentum, die Beziehung zu Chiara Lubich, Gründerin der Fokolarbewegung, Vollendung – das sind die Stationen und Höhepunkte des Lebens von Klaus Hemmerle, aus dem stets Bescheidenheit und Bodenständigkeit sprachen.
Hagemann füllt die Lebensabschnitte mit Daten und Anekdoten. Er referiert sehr behutsam aus Hemmerles Kindheit und Jugend in den schweren Kriegsjahren, als sich – Hemmerle ist 15 Jahre alt – seine Berufung erstmals offenbart. Hagemann präsentiert tiefgründige Texte aus dem Nachlass des Bischofs und viele Stellungnahmen von Kollegen, Weggefährten und Freunden. Er hat keine Mühen gescheut, sie ausfindig zu machen und zu befragen. Gerade von diesen Original-Statements lebt die Biographie. Die sehr persönlichen Meinungen erhellen das Bild Klaus Hemmerles und geben andererseits Einblick in die Rezeption dieses bedeutenden Mannes, die sehr stark von den Eindrücken persönlicher Begegnung und Beziehung geprägt ist. Es wird schnell klar: Hemmerle war ein Mann, der die Einheit suchte – die seines Bistums, die der Kirche und die der Menschen. Diesen Anspruch entwickelt er sowohl im Rahmen der pastoralen Alltagsarbeit als auch entlang seiner Schriften.
Hagemann führt kompetent in die nicht immer ganz einfache Theologie Hemmerles ein. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Kontext Hemmerles Beziehung zur Fokolarbewegung, deren Bischofsgruppe er ebenso gründete wie er die Anfangsjahre des Studienzentrums „Scuola Abbà“ inspirierte. Mit Chiara Lubich befand er sich in einem intensiven theologischen Diskurs, getragen von gegenseitiger Liebe – Hagemann nennt es treffend „Weggemeinschaft“. Im Zentrum von Austausch und Beziehung steht der „verlassene Jesus“, der am Kreuz Leid und Heil vereinigt und den Menschen damit zur Gotteserfahrung befähigt.
Obgleich schon der Text selbst immer wieder mit einschlägigen Materialien ergänzt wird, stellt Hagemann in einem sehr reichhaltigen Apparat noch einige Originaldokumente zur Verfügung. Verschiedene Anhänge – ein tabellarischer Lebenslauf Hemmerles, eine umfassende Bibliographie mit veröffentlichten und unveröffentlichten Texten von und über Hemmerle sowie eine Liste der Gesprächspartner Hagemanns – runden die gelungene Biographie ab, der eine weite Verbreitung zu wünschen ist.
Bibliographische Daten:
Wilfried Hagemann: Verliebt in Gottes Wort. Leben, Denken und Wirken von Klaus Hemmerle, Bischof von Aachen
Würzburg: Echter (2008)
ISBN-10: 3429030528
ISBN-13: 978-3429030520
317 Seiten, EUR 14,80
Josef Bordat
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06.01.2011 um 11:54 Uhr
Ein wirklich sehr interessanter Mann. ich bin selber in Aachen aufgewachsen und habe dort schon viele Geschichten gehört. Schön das dieses Leben jetzt in Buchform verewigt wurde. [Admin: Link entwertet wegfgen Commentspam]