Donnerstag, 13.10.2005 | 14:38 Uhr
Autor: Regula Erni
Marcel Reich-Ranicki lobte die Entscheidung der Schwedischen Akademie, nannte Pinters Ehrung „eine gute, eine richtige Entscheidung“. Die Auszeichnung komme für den 75-Jährigen allerdings „etwas spät“. Pinter sei ein „typischer Bühnenautor“, der nicht nur bei den Kritikern Erfolg gehabt habe.
Sigrid Löffler sprach von einer „bizarren Wahl“. Er wäre nicht im Entferntesten ihre Wahl gewesen; ausserdem sei er nicht mehr in Mode, sagte Löffler gegenüber der dpa.
Der Kritiker Denis Scheck bezeichnete die Vergabe des Nobelpreises an Pinter als „Beleidigung der Weltliteratur“. „Man sollte sich überlegen, ob man den Preis nicht umbenennen soll in ‚Auszeichnung für fahrendes Volk und Theater'“, sagte Scheck der dpa. Die Jury habe sich „blamiert“. Es gebe viele große lebende Autoren, die in diesem Jahr wieder leer ausgegangen seien, so Scheck.
Nach Ansicht der Berliner Fachzeitschrift „Theater heute“ ist Pinter heute kaum noch präsent auf deutschen Spielplänen. „Da können Sie lange suchen“, sagte „Theater heute“-Redakteur Franz Wille der dpa. Der Nobelpreis komme daher 30 Jahre zu spät, meinte der Theaterkritiker.
Und Vaclav Havel hat die Vergabe des Nobelpreises an Harold Pinter als „absolut verdient“ bezeichnet.
Quelle dpa
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13.10.2005 um 15:09 Uhr
Wieder so ein Fall wie bei Dario Fo. Und wer ist schon Denis Scheck? Der Dicke hat doch nicht mehr alle Sandwiches im Schrank. Der Nobelpreis kommt nie zu spät, denn auch mit 75 oder 88 kann man mit einem Milliönchen noch lustige Sachen machen.
13.10.2005 um 15:19 Uhr
Nix gegen Pinter oder gar Jelinek, aber wie wär es, das Ding in ‚Nobelpreis für Theaterautoren‘ umzubenennen?
Oder ist es so, dass, wie der DLF-Kommentator [oder der von DKultur ich hab im Auto immer gezappt] sagte, das Nobelkommittee nach ‚links‘ gerutscht ist und „Literatur von links“ eher auf dem Theater stattfindet?
Aber ich würd mal sagen: Man kann sich alle Proporzdenkereien in Zukunft abschminken. Und es ist auch beruhigend, dass man nicht mehr dissidierender Drittweltlandautor sein muss (nix gegen die, ok?), um den NP zu kriegen. Sehen wir das Posistive.
13.10.2005 um 18:01 Uhr
letzteres grenzt ja wirklich an ein Wunder. Obwohl, naja, Imre stammte auch nicht aus einem Drittweltland. Bei Jelinek bin ich mir nicht so sicher 🙂
14.10.2005 um 1:29 Uhr
Zu Frau Loefflers Ehrenrettung waere zu sagen, dass ihr nur der Zeitpunkt „bizarr“ erscheint. Der Preis haette frueher kommen muessen. Denke ich auch. Schliesslich haben auch Annie Lennox und David Bowie schon 1987 den Reiz von Pinters „The Room“ erkannt und gemeinsam auf Zelluloid gebannt. Vielleicht sollte man Herrn Scheck mal die DVD schicken.
Mit der Entscheidung fuer Jelinek und Pinter mit ich sehr zufrieden. Dass Theater spaetestens seit Lessing, Goethe und Schiller eine anerkannte Literaturgattung ist, sollte sich eigentlich auch in die Redaktionen von DLF und NDR zu dem ansonsten von mir sehr geschätzten Herrn Scheck herumgesprochen haben.
14.10.2005 um 8:43 Uhr
@WT: Nix gegen das Theater, ich hab mich weite Strecken meines Literaturstudiums *da*mit befasst. Aber ich denke: Es geht um dei Balance. Aber in der Tat scheint das NC sich eben weniger um Balancefragen zu kümmern als das die *pardon* Journaliie gerne hätte. Also nix von wegen globaler proporz oder so. Das NC scheint einfach turnusmäßig unter verschiedener Kontrolle zu stehen, zuerst die Dritteweltleute, jetzt die ‚Linke‘.