Sonntag, 16.12.2012 | 23:04 Uhr

Autor: Andreas Schröter

Gerhard Henschel: Abenteuerroman

Gerhard Henschel: »Abenteuerroman«Wer eine nostalgische Zeitreise zum Beginn der 80er-Jahre erleben will, der sollte dieses Buch lesen. Wer auf traditionell erzählte Geschichten mit Spannungsbogen und Höhepunkt steht, der sollte genau das lieber lassen.

Gerhard Henschels neuestes Werk „Abenteuerroman“ ist nach „Kindheitsroman“, „Jugendroman“ und „Liebesroman“ bereits der vierte Schmöker um Martin Schlosser, der im emsländischen Meppen aufwächst. Mittlerweile steht er kurz vor dem Abi, arbeitet für eine Schülerzeitung, trägt Zeitungen aus und hat eine erste feste Freundin, die – ganz Klischee – zu Martins Verdruss Beziehungsgespräche dem Sex vorzieht.

Besonders Leser, die Anfang der 80er Jahre um die 20 waren, dürften an diesem Buch ihre Freude haben. Die Neue Deutsche Welle mit „Ideal“ kommt genauso vor wie Demonstrationen am Atomkraftwerk Brockdorf, Franz-Josef Strauß oder das Attentat auf John Lennon. Henschel, geboren 1962, gelingt es sehr gut, den Zeitgeist von damals einzufangen. Schwieriger erweist sich dagegen seine Collage-Technik, die vor ihm schon der bekannte deutsche Schriftsteller Walter Kempowski angewandt hat: Es gibt keinen durchgängigen Erzählstrang. Die Themen werden immer wieder nach nur wenigen Zeilen unterbrochen und durch neue ersetzt. Erst später kehrt der Autor zu vorher Erzähltem zurück. Dadurch entsteht wie bei einem Puzzle nach und nach ein Gesamtbild. Andererseits jedoch macht diese Technik die Lektüre etwas mühsam. Man springt ständig von einem zum anderen Thema. Spannung oder so etwas wie Erzählfluss kommen nicht auf.

Auch walzt Henschel ein bisschen zu sehr Schlossers Meinung zu Bücher aus, die er gerade liest. Denn schließlich haben Überlegungen zu Hofmannsthal, Döblin und Tucholsky wenig mit dem Lebensgefühl 1980 und 81 zu tun. Ebenso sind manche politische Vorgänge von damals sicher für heutige Leser nicht mehr so relevant, dass sie unbedingt in ein solches Buch gehörten. Ein bisschen mehr Selektion und einige Kürzungen hätten dem Roman gut getan.
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Gerhard Henschel: Abenteuerroman.
Hoffmann und Campe, September 2012.
576 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,99 Euro.

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