Sonntag, 17.05.2020 | 09:28 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Eshkol Nevo, geboren 1971, ist einer der angesagtesten Autoren Israels. Nun hat er einen formell ungewöhnlichen Roman vorgelegt, in dem er Fragen von Lesern beantwortet, mit denen wohl jeder Autor im Laufe seiner Karriere behelligt wird: „Haben Sie schon immer gewusst, dass Sie Schriftsteller werden wollen?“, „Was ist Ihr Antrieb zum Schreiben?“ oder „Träumen Sie von Ihren Figuren?“
Natürlich tut er es nicht so, wie man es gemeinhin erwarten würde. Nevo antwortet ausführlich und manchmal, indem er die eigentliche Frage nur am Rande streift.
Obwohl die Hauptfigur so heißt wie der Autor selbst und obwohl diese mehrfach beteuert, immer wahrheitsgemäß antworten zu wollen, kann der Leser letztlich nicht wissen, wie hoch die autobiographischen und die erfundenen Anteile in diesem Buch sind. Doch das macht rein gar nichts, In jedem Fall wirken die Antworten an die Leser glaubhaft, authentisch und nachvollziehbar, und es entsteht ganz nebenbei so etwas wie eine Handlung: So versucht der Ich-Erzähler seine Ehefrau Dikla zurückzugewinnen, die Trennungsabsichten hat – und letztlich ist das eine anrührende Liebesgeschichte. Weitere zentrale Elemente sind der todkranke Freund Ari, den Nevo oft im Krankenhaus besucht, und seine älteste Tochter, die sich von ihm distanziert.
Mit fortschreitender Seitenzahl entsteht das intime Porträt eines Mannes, der an den diversen Realitäten in seinem Leben leidet – egal, ob erfunden oder nicht.
Eshkol Nevo: Die Wahrheit ist.
dtv, April 2020.
432 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.
Mit flattr kann man Bloggern mit einem Klick Geld zukommen lassen. Infos