Freitag, 21.10.2005 | 16:37 Uhr

Autor: ANH

ENFER: 100 Jahre rasierte Frau in der Photographie.

Halle 4,1 G 136, schräg gegenüber dem Verlag tisch7, der soeben eine „Pornographische N0velle“ des Schweizer Schriftstellers Jürg Amann ceröffentlicht hat. Okay. Eine halbe Stunde vorher bei der Arno-Schmidt-Stiftung, 4.1 F Anfang, bei und neben Suhrkamp, Gespräch mit Bernd Rauschenbach. Er: „Du, ich habe d e n Titel der Buchmesse entdeckt.“ „Ja? Welchen?“ Er: „Siehe den Titel Deines nächsten Postings.“ „Ich, okay, da geh ich mal hin.“
Also, ich rüber. Der Verleger dieser rasierten 100 Frauen, nein, Frauen seit 100 Jahren Photographie, wie auch immer… also, er sieht mich und fragt in tiefstem Bajuvarisch: „Sind Sie der Autor der pornographischen Novelle?“ Ich: „Nein, sowas schreiben nur Schweizer.“ Er, den naturalistischen Witz, den ich zu vermitteln suchte, übergehend und ihn dadurch restlos desinfizierend: „Das stimmt nicht. Zum Beispiel kenne ich den Chef des Berliner Kitkat-Clubs. Der sieht übrigens fast aus wie Sie.“ „Ich: „Vielleicht bin ich’s ja.“ Er: „Nein, der sieht nämlich g e n a u so aus wie Sie.“ Jetzt stutze ich ob der Logik. Also hat e r mich aufs Kreuz gelegt, und da lieg ich momentlang. Eine junge Dame kommt vorbei. Er: „Würden Sie sich bitte fotografieren lassen?“ Sie wehrt peinlich berührt ab, er insistiert, ich liege da, sie sieht mich und läßt sich beschwatzen.- Also machte er, indes ich wieder aufstehe, eine Portraitaufnahme von ihr. Dann tauschen die beiden, „für später einmal“, Visitenkarten. Er, übergangslos, zu mir: „Aber Sie kennen das Kitkat?“ Ich: „Sicher, sehr langweilig geworden.“ Er: „Ich kenne das nicht.“ Nun kommt ein Kunde, sieht sich die Aktaufnahmen durch (wohlgemerkt, wir befinden uns in einer der Hallen für Belletristik gehobeneren Anspruchs) und fragt: „Was kostet so ein Buch?“ Darauf er: „Welche Auflage wolln Sie denn?“ Der Kunde: „Wie meinen Sie das?“ Er: „10000? 20000? Dann wird es billig.- Alles Privatdrucke.“ Der Kunde: „Ähem, das g e h t?“ „Er: „Und in welcher Sprache? Wir können auf Englisch, Französisch, auch Japanisch liefern.“ (Er meint ganz sicher die Bildunterschriften.) Die beiden geraten tatsächlich in eine tiefe Verhandlung; zuletzt geht es, da wend ich mich weg, um eine 5000er Auflage, auf Englisch.
Fassungslos laß ich mir, wieder bei tisch7, eine Limo geben. Und starre Jürgs Pornographische Novelle an. Schriebe ich weniger prüde, denk ich, so hätte ich größere Chancen. Ach Schweiz ach Vertreter! (Die wollen, hörte ich, die Novelle des Titelbildes und 50jähriger Buchhändlerinnen wegen nicht vertreiben. Also macht der Verlag was falsch, und dieser Bajuvare mit seinen „An eine, die rasiert vorüberging“ (Baudelaire)… der macht’s recht.

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