Dienstag, 17.07.2007 | 11:09 Uhr

Autor: Serendipity

Beklagenswerte Wissenschaftssprache

Stefan Klein berichtete in der FAZ von deutschen Wissenschaftlern, die lieber englisch reden (und schreiben) und so nicht nur ihre Fachsprache verlernen, sondern auch das Verständnis im heimischen Publikum.

„Und werden wir bald auf Deutsch überhaupt nicht mehr über neue Forschungsergebnisse sprechen können, weil uns die Worte fehlen?“

„An deutschen Universitäten ist Englisch inzwischen in 250 von insgesamt 1976 weiterführenden Studiengängen („Master“) alleinige Unterrichtssprache. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, wird sie für das Deutsche als Wissenschaftssprache den sicheren Tod bedeuten.“

„Denn mit Prestige und mittelbar Geld belohnt werden Forscher derzeit vor allem für eine Publikation in einem möglichst angesehenen internationalen Journal oder für einen Auftritt auf einer internationalen Fachkonferenz. Nicht aber für einen elegant formulierten Essay über die geistigen Konzepte, die ihrer Arbeit zugrunde liegen, nicht für ein Buch, das die eigene Forschung in ihren Zusammenhängen darstellt, erst recht nicht für einen Vortrag in einer Ringvorlesung.“

Das erinnert mich an ein Buch, dass ich zur Zeit für die Cambridge University Press rezensiere: Stuart Taberner (ed.), Contemporary German Fiction – Writing in the Berlin Republic. Sicher die Hälfte der beitragenden Autoren ist deutschsprachig, alle arbeiten jedoch an Englischen oder Amerikanischen Universitäten. Um Kleins Argument aufzugreifen: solche Publikationen in einer Fremdsprache haben durchaus ihren Wert, um ein Publikum (nicht immer deutsch) zu begeistern und/oder durch ein fremdes Fachgebiet zu führen. Dabei sollten wir jedoch nicht die Fähigkeit verlieren in unserer Muttersprache verständlich zu fachsimpeln.

„Zu oft gerät in Vergessenheit, dass Forschung viel mehr ist als das Aufstellen von Hypothesen, das Sammeln von Daten und das Falsifizieren von Theorien. Das ist die tägliche Arbeit. Doch aus dieser kollektiven Anstrengung ergibt sich ein viel größeres Bild: Wissenschaft ist auch eine Erzählung von Menschen, die auszogen, die Welt zu begreifen und zu verbessern.“

… den Artikel gibt es auch auf englisch bei sign & sights.

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2 Kommentare

  1. Andreas Says:

    (…)
    Wissenschaft ist auch eine Erzählung von Menschen, die auszogen, die Welt zu begreifen und zu verbessern.“
    (…)

    Das ist wunderbar, obwohl dieses „verbessern“ ein wenig kontemplativ daher kommt. Macht aber nichts. Es bleibt wunderbar.

  2. Immo Sennewald Says:

    Der Text macht mich jetzt – mit ein wenig Abstand – wieder auf die Frage aufmerksam: gingen wir mit unserer eigenen Sprache, mit unserer Kultur, mit der Konfliktkultur insbesondere, sorgsamer um – wäre dann nicht Integration den Immigranten eine Lust?

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