Freitag, 06.01.2012 | 21:20 Uhr
Autor: Andreas Schröter
Als hätten sich zwei der wichtigsten amerikanischen Autoren der Gegenwart, Jonathan Franzen und Jeffrey Eugenides, abgesprochen: In ihren jeweils jüngsten Werken „Freiheit“ (von Franzen) und „Die Liebeshandlung“ (von Eugenides) geht es um eine Dreiecksbeziehung, die im studentischen Milieu ihren Anfang nimmt.
Mit dem Titel seines Buches kokettiert Jeffrey Eugenides, geboren 1960, mit der langen Tradition seines Stoffes: Madeleine befasst sich in ihrem Studium mit der „Liebeshandlung im viktorianischen Roman des 19. Jahrhundert“. Und natürlich hat auch diese Geschichte selbst eine Handlung, die denen der Werke von zum Beispiel Jane Austen sehr ähnlich ist: Der etwas biedere Michtell liebt Madeleine, die ihrerseits aber den draufgängerischen Leonhard begehrt. Was folgt, sind 600 Seiten Irrungen und Wirrungen, bis sich endlich das Paar findet, das eigentlich schon die ganze Zeit füreinander bestimmt schien. Das kann man altmodisch finden – andererseits ist es ein universal und zeitlos gültiger Stoff. Warum also sollte ein Autor von heute eine alte Jane-Austen-Handlung nicht in die Gegenwart übersetzen? Die Gesetzte vom Lieben und nicht geliebt werden sind ja nicht mit dem Ende des 19. Jahrhunderts automatisch außer Kraft gesetzt worden.
Und Eugenides versteht sein Handwerk – das wissen seine Fans spätestens seit seinem Welterfolg „Middlesex“ (2003). Man folgt den drei so unterschiedlichen Hauptfiguren gerne, ihr Handeln ist psychologisch stimmig, so dass auch auf 621 Seiten keine Langeweile aufkommt. Interessante Nebendiskurse befassen sich mit den großen Religionen, der Philosophie, natürlich der Literaturwissenschaft, der Sinnsuche bei einer Indienreise, der Genforschung oder dem Krankheitsbild der manischen Depression, wirken aber nie so dominant, dass sie die eigentliche (Liebes-)Handlung in den Schatten stellen. Insgesamt ein würdiger Nachfolger für „Middlesex“.
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Jeffrey Eugenides: Die Liebeshandlung.
Rowohlt, Oktober 2011.
621 Seiten, gebundene Ausgabe, 24,95 Euro.
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17.01.2012 um 17:23 Uhr
Mir hat das Buch leider so absolut und überhaupt gar nicht gefallen … 🙁 http://buecherwurmloch.wordpress.com/2012/01/16/jeffrey-eugenides-the-marriage-plot/