Samstag, 22.10.2005 | 17:16 Uhr
Autor: Oliver Gassner
In einer Hallen-Ecke drängen sich rund 60 junge Menschen um einen Tisch, sitzen auf den Stühlen, dem Boden. Lauschen einem Herrn Jahrgang 1965 beim vorlesen. So klein ist Bastian Sicks Publikum sonst nicht. Der Historiker, Romanist (Fachgebiet Altfranzösisch) und – wie er sagt – „Sprachmathematiker“ hat am liebsten ein Auditorium so zwischen 100 und 300 Leuten. „Für die meisten bin ich der mit dem Dativ“, lächelt er.
Jetzt klingelt’s, gell? „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ versammelt Bastian Sicks Zwiebelfisch-Kolumnen aus Spiegel Online, in denen er Sprachschludereien mit Humor aufs Korn nimmt. Eine Million mal hat sich der erste Band verkauft, zu dieser Buchmesse erscheint der zweite. „Damit bin ich der meistverkaufte SPIEGEL-Autor“, denn Spiegel Online ist schließlich eine Tochter (oder, bei genauerem Studium von Sicks Visitenkarte vielleicht die Tochter einer Tochter?) des Print-Spiegel.
Dort hatte auch die Karriere des Seiteneinsteigers Sick begonnen, der eigentlich Bild-Archivar oder, wie es korrekt heißt, Dokumenatationsjournalist im Bild-Archiv war.
Als die Stelle wegfiel und bei Spiegel Online Dokumentationsjournalisten für Text gesucht wurden, wechselte Sick: 13 statt 14 Monatsgehälter, 40 statt 36 Wochenstunden – es wirkte eher wie ein Abstieg. Und zudem sollte er dort dann eher als Schlussredakteur denn als Archivar arbeiten.
Als er begann, in humorvollen Memos (Memen? Memoten? Denkzetteln?) die sich häufenden Sprachschludereien seiner Kollegen aufzuspießen, meinte sein Chef: „Daraus machen wir eine Kolumne.“ Der Rest ist bekannt.
50.000 Mal wurde die Kolumne (meine Notizen sind lückenhaft: wahrscheinlich wöchentlich) vor dem erscheinen des ersten Buches abgerufen, danach waren es 100.000 Mal. Sick bringt nicht nur „Spiegel Online“ Leser, er trägt auch zur positiven Imagebildung bei. Das Lesungs-Publikum rekrutiert sich aus allen Schichten der Bevölkerung – nur die Briefeschreiber sind manchmal noch sicker als der Sick (pardon): „Manche versuchen mir Ungenauigkeiten nachzuweisen.“ Mit Humor nehme er das, was ihm wichtig sei, nie verbissen. Doch manche Sprachwächter, vermutet Sick, würden sich für ihre Causa auch schon mal erschießen lassen – oder lieber die Sprachsünder diesem Schicksal zuführen.
Nach Sicks Lesung im AzuBistro der Sortimenter hat er Hunger. Es ist vier und eigentlich zu früh für ein Abendessen, aber weil das KiWi-Abendessen Mario Adorf als Gast hat und der vorher einen Termin hat, findet es erst zu nachtschlafener Zeit statt. Da ich auf der Messe inzwischen noch keinen Ort gefunden habe, an dem man ohne sich ausgeraubt und vergackeiert zu fühlen feste, warme Nahrung zu sich nehmen kann, wechseln wir über die Straße in die fast leere „Champion’s Bar“ des Marriott – so leer, dass uns später der Koch selbst das Essen bringt.
Sick hat kaum zu die Speisekarte zu lesen begonnen, da entfährt es ihm: „Die wechseln zweimal unmotiviert den Kasus. Nach ‚mit‘ kommt Dativ und dann wechselt es zu Nominativ.“ Was ist das? Obsession? eher nicht. Wahrscheinlich sucht Sick nur ständig seine Umwelt nach Sprachmaterial für seien Glossen ab.
Ich ärgere mich spätestens, als Sick mir sein ‚Gramatikheft‘ (sic!< ) aus Klasse vier zeigt, dass ich meine Kamera zu Hause gelassen habe und dass die Aufsteck-Kamera meines Handys im Schließfach des Pressezentrums ruht. Überhaupt ist seine Tasche eine Quelle kleiner netter Dokumente: Ausdrucke der Sprachmahnungen an die Kollegen, eine Anzeige, auf der der 'Dativ' an einem Band 'Thomas Mann' lehnt. Die beiden Satzbaumeister sind schließlich aus der selben Stadt: Lübeck. Im Grammatikheft sieht man: Der Mann hatte erstklassigen Deutschunterricht und lernte gleich auch die Fachbegriffe wie 'Substantiv' und 'Nominativ'. Und das ging auf dem Gymnasium so weiter. "Im Zeugnis hatte ich in Deutsch eigentlich immer eine Eins." Weil erst in seinem dreizehnten Schuljahr genügend Schüler für einen Deutsch Leistungskurs zusammen waren, wechselte er mitten in der Abiturphase den LK von Deutsch nach englisch - so was scheint in Schleswig-Holstein zu gehen. Romanistik hat er (in HH) studiert, weil er sich eher für Sprache als für Literatur interessierte und die deutsche Sprache keine Überraschungen mehr barg. (Ich würd ja wörtlicher zitieren, aber auch das Tonbandgerät war nicht mit. So isses bei Spontaninterviews.) 1200 E-Mails pro Monat kommen bei zwiebelfisch@spiegel.de an. Als Reaktion kann man in der Regel nur mit einer automatischen Antwort rechnen, dass die Nachricht angekommen sei. Lesen tut Bastian Sick alle E-Mails und sein Chef hat ihm eine Sekretärin versprochen. erst seit Januar dieses Jahres ist Sick hauptberuflicher "Zwiebelfisch", vorher hatte er immer noch Aufgaben bei der Schlussredaktion zu übernehmen. Dafür lebt er jetzt in Hotelzimmern und unterhält abends größere Menschenmengen. Starallüren hat er keine, nur eins muss sein: "Ich kann nicht in einem Loch wohnen und abends guter Laune sein." Drei Sterne aufwärts sollte ein Hotel also schon haben. Bastian Sick hat alle Zahlen im Kopf, aber bei der Frage, was denn 'einmal Lesung mit Bastian Sick' kostet, wird er vage: "Es sind unter 1000 Euro." Und wie fühlt sich das an, Sprachpfleger zu sein? Die erste einsilbige Antwort von Bastian Sick:"Gutt." Danke für das Gespräch beim Linner (oder: Dunch?).
Bastian Sick hat grade angerufen und ein paar Dinge präzisiert und ich hab das gleich ausgenutzt um ihn was zu fragen, was ich vergessen hatte:
* Spiegel Online ist inzwischen wieder direkte Tochter des Spiegel-Verlages.
* Es waren in der Tat 50.000 Zugriffe pro Woche, die sich dann verdoppelten.
* Die gescannte Visitenkarte enthielt die Durchwahl und die „Zwiebelfisch-Leserpost“-freie Mailadresse, das haben wir behoben 😉
* Er meinte, ich sei bei den Zitaten ohne Tonband präziser als manch anderer mit Tonband – und fand (auf Nachfrage natürlich) nur einen Fehler: ‚Zweibelfisch‘ stand da einmal, statt ‚Zwiebelfisch‘.
* Ich hatte mich mit ihm über seinen Namen unterhalten: Das „c“ ist ein „Längenzeichen“, wie in „‚Me(e/c)klenburg“, er heißt also eigentlich „Siek“, die Spitznamenform von „Siegfried“. Das Beispiel mit Mecklenburg – war mir entfallen. (Und (Se)Bastian ist griechisch für ‚der Erhabene‘. Das passt doch: Der erhabene Siegfried [im Kampf gegen den vielköpfigen Lindwurm der Sprachschluderei].)
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15.03.2006 um 16:16 Uhr
Sehr geehrter Herr Sick!
Kurz zur Eigenart der deutschen Sprache:
Keine europäische Sprache strotzt so voller „sch“ und „s“ Lauten.
Keine europäische Sprache verfügt über die nahezu unbegrenzte Fähigkeit,Wortzusammenführungen(Komposita)
zu bilden.
Keine eur. Sprache vermag dermaßen variabel mit Prä-und Suffixen (Vor-und Nachsilben)zu agieren.
Und schließlich besitzt nur unsere Sprache die Fähigkeit, so unermeßlich reich Substantivierungen zu schaffen.
Dies alles hängt unmittelbar mit dem „ß“ zusammen. Dieses entstand nicht aus Jux und Tollerei.
Das „ß“ stukturiert gleichsam auf nahezu wundersame und geniale Weise die deutsche SCHRIFTSPRACHE!
Es dient als ENTSCHEIDENDE LESEHILFE.
Rechtschreibung dient primär dem Lesen.Texte werden für gewöhnlich einmal geschrieben,mitunter jedoch über
Jahrhunderte hinweg unzählige Male gelesen.
Es läßt sich nicht mehr vertuschen.Gerade intelligente(!!!) Kinder schreiben: der Ausweiß,der Beweiß,der Kassten,
der Misst,die Lisst,der Autobuss…….Die Idee, die ss-Schreibung streng nach phonetischen Gesichtspunkten vorzu-
schreiben, gleicht der Quadratur des Kreises.Dies ist noch niemanden gelungen.Schilda läßt grüßen.
Nur weil die Reformer seitens der Politik bezüglich der Kleinschreibung eine Abfuhr erhielten(zurecht!!!!) und somit
nichts Handfestes vorzuweisen hatten,kramten sie die abartige ss-Schreibung hervor.
Diese ist alles andere als neu: eine historisch längst verstaubte und entrümpelte Schreibweise aus dem 19. Jhdt..
Erfunden von einem gewissen Herrn Heyse,in Österreich etwa von 1870- 1900 erprobt und wegen allgemeiner Untauglichkeit
wieder verschwunden.Es blieb den NATIONALSOZIALISTEN vorbehalten,diese Lächerlichkeit wieder hervorzukramen.
Nach der offiziellen Einführung der „neuen“ Rechtschreibung im Jahre 1998 sagte der damalige Bundestagspräsident,ich
mir nicht sicher,vermutlich Wolgang Thierse, nahezu wörtlich: „Jeder,dem Sprache am Herzen liegt,muß ob dieser „Reform“
todunglücklich sein.
In Ländern wie Frankreich und England hätte ein Sturm der Entrüstung solch einen Unfug in Blitzeseile hinweggefegt.
Der deutschsprachige Mensch hingegen zeichnet sich durch Überangepaßtheit,Untertänigkeit,Duckmäusertum sowie
mangelnde Zivilcourage aus.
Auf http://www.deutschland-kehrt-zurueck sehen Sie die immer längerwerdende Liste von Verlagen,derzeit sind
es 117(!!!),darunter renommierteste,die entweder nie dieses Kasperltheater mitgemacht haben oder aber wieder zur
kultivierten Orthographie zurückgekehrt sind.
An der sprachlichen Misssstandssbrücke wird an vielen Stellen gesägt,wann diese einstürzt weiß niemand,daß sie
zusammenbrechen wird,ist gewiß.
messen, Messstation, Messer gebnis, Messe xperiment,
messen, Meßstation, Meßergebnis, Meßexperiment,
bis sch en hasser füllte Has sp rediger
bißchen haßerfüllte Haßprediger
Nußschale, Nussschale, Nusschale, Nuss-schale oder Nuss-Schale?
Herr Sick wird dies in der heutigen Ausssschusitzung–Einlaschlusss
19 Uhr– klären. Als Denkhilfe etwas Musik: ein Basssolo! (Baßsolo,Bassolo,
Bass-solo,Bass-Solo)
Vom Schlosssaal zu den Flus sau en
Superlogik: Schluss,Guss,Fluss—somit auch der Buss,pluss………
krass,lass,nass—somit auch wass, die Lasst,der Kassten…..
Missstand,isst—somit auch die Frisst,die Lisst……
Zu der im 19.Jahrhundert bereits gescheiterten und von den Nationalsozialisten
wieder hervorgekramten „neuen“ ss-Schreibung läßt sich nur sagen:
Dass isst Misst!
Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit
Reiner Kunze Die Aura der Wörter
Horst Haider Munske Lob der Rechtschreibung
Liebe Grüsssse vom Grazer Schlossssberg
Kaisssser Günter
17.03.2006 um 8:35 Uhr
Dass es die Deutsch 1er-Schülerinnen und -Schüler sind, die die ß/ss-Schreibung (sei es alt oder neu) nicht blicken, kann ich nun aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. (Die könnten übrigens wenigstens zusammenhängend argumentieren.)
Kann das sonst jemand?
Warum man aus einer antiquierten Setzer-Regel seinen Lebenszweck ableiten sollte, ist mir auch schleierhaft. Aber es gibt Schlimmeres.
Ich weiß jetzt jedenfalls, was Bastian Sick beim Interview meinte, als er sagte, dass er sehr seltsame Briefe bekomme. 😉
03.05.2006 um 20:08 Uhr
>Ich weiß jetzt jedenfalls, was Bastian Sick beim Interview meinte, als er sagte, dass er sehr seltsame Briefe bekomme.
😀
03.05.2006 um 20:11 Uhr
Was ist ein Kasus ?
03.05.2006 um 20:14 Uhr
Kasus ist wohl sowas wie die Gramatikform
03.05.2006 um 20:17 Uhr
Philip: Ach was, das ist ein witz.
Schon in Goethes Faust steht:
„Das also war des Pudels Kern? Der Kasus macht mich lachen!“
Also, kleiner wettbewreb, zu gewinne gibbet ein Buch meiner wahl. (Kein Sick, die bhalt sich selber:)
Wer erklärt ‚PISA-fest‘ in unter 10 Sätze was ein ‚Kasus‘ ist.
Jury: ich (ggf schreib ich Herrn Sick ne E-Mail udn bitte ihn um ein Placet)
Zu leisten: In einfachen und nicht zu vielen Worten korrekt erklären, was ein „Kasus“ (im grammatikalischen Kontext) ist.
03.05.2006 um 21:09 Uhr
Für mich als alten Lateiner ist ein Kasus ein Fall, also die Form, die grammatikalisch angibt, welche Rolle ein Nomen, also ein Hauptwort, in einem Satz einnimmt.
04.05.2006 um 7:51 Uhr
Guter Ansatz. 😉
04.05.2006 um 8:26 Uhr
Der Kasus ist tatsächlich der grammatikalische Fall, welcher zeigt, welche Rolle ein Substantiv im Satz spielt. Das Subjekt steht immer im Nominativ (Wer, Was?). Objekte stehen dann entweder im Akkusativ (Wen?), Dativ (Wem?) oder Genitiv (Wessen?). (Im Latein gibt es noch den Ablativ (vor allem Objekte, welche mit „mit“ im Satz integriert sind) und in anderen Sprachen sogar noch wesentlich mehr Fälle. Eigentlich kommt die Sache aber wohl aus dem Griechischen. Es gibt sicher auch „einfache“ Sprachen ohne Fälle.)
Beispiele:
Ich esse dich. Nominativ (Wer?) und Akkusativ (Wen?)
Ich glaube dir. Nominativ (Wer?) und Dativ (Wem?)
Ich bedarf deiner. Nomiativ (Wer?) und Genitiv (Wessen?)
Und Faust lachte wohl über den Genitiv.
04.05.2006 um 9:22 Uhr
Sehr hübsch schon mal. Du hattest gute Deutschlehrer … in der Unterstufe 😉 [fyi: Martin war in Klasse 10 mal mein Schüler, da war aber das m/Meiste schon zu spät ;)]
04.05.2006 um 12:23 Uhr
Naja, da bewahrheitet sicht: Wer zu spät kommt, bestraft das Leben
Wow – auch en Fall :-))
04.05.2006 um 13:49 Uhr
Ja, ich hab’s auch in der Schule gelernt (4. Klasse?). Kasus ist der Fall, in dem Objekte oderSubjekte stehen. Im Deutschen gibt es 4, im Finnischen 15 und im Englischen keinen oder nennt man das dann einen?
04.05.2006 um 13:58 Uhr
Bzzzt. No banana.
Im Englischen gibt es alle Fälle, die es im Dt. auch gibt. („NomGenDatAkk“) Sie werden nur nicht immer mit Suffixen markiert. Teils gar nicht teils eben mit ‚of‘.
z.B. auch: „Wem gibst du das Buch“ – „Whom are you giving the book.“ „Wessen buch ich dies? Es ist Johns Buch.“ „Whose book… – John’s book.“ Und so 😉
04.05.2006 um 14:50 Uhr
Regulka:; versuchs ruhig nochmal da ist noch Raum für Optimierung 😉
04.05.2006 um 18:13 Uhr
Genau zehn Sätze zum Thema Kasus, wohingegen der letzte nur eine Linkansammlung ist, also nicht wirklich zählen kann!
1. Kasus ist abgeleitet vom lateinischen Verb cadere: fallen, vom PPP abgeleitetes Substantiv.
2. Das Wort ist mehrdeutig: einenteils bedeutet es, grammatikalisch, eine Flexionskategorie des Nomens -als Gegenteil zum Verb-, anderenteils ist es eine heutzutage etwas hochtrabende Beschreibung für den Einzelfall, benutzt vor allem in der Kanzleisprache, was auch zu der Wortschöpfung Kasuistik u.a. im juristischen Sprachgebrauch führte.
3. Die Bezeichnung Fall (Kasus), welche sich bis heute gehalten hat, geht auf Dyonisios Thrax -erster Grammatiker seines Zeichens- zurück, welcher diesen Begriff mit ptosis (griech.: fallen) umschrieb.
4. Frederick Bodmers Loom of Language zufolge ist der Kasus -Flexionskategorie- eine ehemalige Verschmelzung der Postposition, heute eher unübliche Wortart, z.B. … zufolge, … nach, …entlang, mit dem ursprünglichen Kernwort.
5. Dieser Prozess ist heute noch in agglutinierenden Sprachen, z.B. Finnisch, Ungarisch, Türkisch anzutreffen, e.g. tallola (finnisch: am Haus, vom Grundwort talo-Haus).
6. Das wiederum erklärt die hohe Anzahl der „möglichen“ (13 im Finnischen/15 im Ungarischen) Fälle, welche im Gegensatz zum Kirchenslawisch, durch ihre Gleichartigkeit, eher einfach zu erlernen sind.
7. Kasus ist neben Numerus (z.B. Plural, Dual) und Genus (z.B. Utrum, Neutrum) die dritte Möglichkeit (Stichwort KNG-Kongruenz) ein Nomen unabhängig von seiner Semantik (innerhalb ggf. auch außerhalb) eines Satzgefüges zu bestimmen, um so die genaue Interdependenz mit anderen Satzteilen erfahren zu können.
8. Im Deutschen kennen wir lediglich Nominativ (von nominare, benennen), Genitiv (von gignere, erzeugen), Dativ (von dare geben) und Akkusativ (von accusare anklagen), wohingegeg ein möglicher Ablativ in unserem Dativ aufgegangen ist .
9. Goethes Verständnis des Wortes Kasus in Faust I (obiges Zitat, aus der Nacht, es fehlt aber noch „Ein fahrender Scholast“) ist eher dem juristischen -seiner beruflichen Laufbahn entsprechend-, auch in anderen Wissenschaften anzutreffenden, Begriffsverständnis, eines Einzelfalles, der in diesem Zusammenhang besonders „merkwürdig“, ergo behaltenswert oder auffällig ist.
{10.} Für tiefgründigere Studien empfehle ich, weil für jedermann zugänglich, Wikipedia unter den Stichworten: Kasus, Dyonisos Thrax, Dependenzgrammatik, bzw. Kategorie:Grammatiktheorie, sehr instruktiv auch: bzw. .
Es sei mir noch ein kurzes Zitat der Gebrüder Grimm (Deutsches Wörterbuch, Bd. 3, Spalte 1290-1291) erlaubt:
„fall, casus, im grammatischen sinn an sich passend und beholfen, vorzüglicher als endung, […]
aber für unsere fünf casus wird nennfall, zeugfall, gebfall, klagfall, ruffall (ablativus nehmfall).
[…] man hat sich endlich überzeugt, dasz [es] nothwendig ist, die lateinische (aus der griechischen stammende) terminologie zu behalten.“
– erhältlich unter:
Ich hoffe die Erklärung ist einigermaßen PISA-fest. Natürlich bewerbe ich mich auch gern für das noch auszusuchende Buch.
Meine Empfehlung,
DD
04.05.2006 um 19:10 Uhr
Das war jetzt zwar eher aus der Reihe ‚wie deprimiere ich ein neunmalkluges Erstsemester‘, aber so amsüsant (und für mich partiell informativ), dass ich glaube, ich muss mehrere Kategorien im Wettbewerb aufmachen. Bücher sind hier genug 😉
04.05.2006 um 21:33 Uhr
Nur mit dem Hintergrund, dass ich nichts in der Richtung studiere.
D.h. ich bin erstens kein Erstsemester und kann auch zweitens kein Erstsemester damit beeindrucken, da ich nicht vom Fach bin.
Ich bin nur ein sprachinteressierter Dilletant.
04.05.2006 um 21:45 Uhr
Was ich damit sagen wollte: der durchschnittliche Abiturient würde obige Erklärung wohl relativ komplex finden 😉
Erstsemester kann man mit nahezu allem beeindrucken, was sie nicht blicken 😉
30.05.2006 um 16:44 Uhr
Hallo Sebastian Sick,
in der Folge 2 des „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ hat uns ganz besonders das Kapitel
über die sprachlichen Eigenheiten der
Rheinländer gefallen.
Wie wäre es mit einem ganzen Buch zu den
regionalen Besonderheiten?
Man denke nur an die Schwaben oder Sachsen.
04.02.2007 um 11:02 Uhr
Zum Zwiebelfisch vom 31.1.07 über Trier
Sehr geehrter Herr Sick,
In Trier gibt es nicht nur nicht „nehmen“, es gibt auch keinen „Nachmittag“, nur Mittag (von ca. 13 bis 17 Uhr), die Wäsche wird „aufgehangen“ und wenn mich jemand „dienstags“ besuchen will, kommt er nicht jeden Dienstag, sondern kommendem Dienstag….
Und wenn ein Kellner meint, er käme sofort, was ja auch demnächst, bald, in der nächsten Stunde heißt, sagt er in Trier: ich komme direkt.
Als ich vor gut 20 Jahren von München nach Trier umsiedelte, machte mich unsre Vermieterin darauf aufmerksam, dass ich die Windeln auf der falschen Leine aufgehangen habe. Als ich das empört meinem Mann (einem Trierer) erzählte, meinte er: warum nimmst Du nicht die andere Leine. Ich: es geht um das „aufgehangen“. Wieso, stimmt doch.
Wenn ich dann meinen Unmut über die Trierer Eigenheiten äußere, entgegnet mein Mann: bei Euch in Bayern macht man auch genügend grammatikalische (Sie schreiben: „grammatische“ – geht beides?) Fehler. Ja stimmt. Aber erstens spreche ich Hochdeutsch und zweitens ist das in Bayern was ganz was andres. Weil: mir san mir.
Und wenn die Schwiegereltern vorschlugen, die Kinder dienstags mittags zu betreuen, bat ich: bitte kommt am Dienstag erst am Nachmittag nach der Mittagsruhe.
Eine gewisse Hoffnung habe ich, dass sich der Begriff „Nachmittag“ einschleicht, weil es an den Schulen zunehmend Nachmittagsunterricht gibt. Und der beginnt nach der Mittagspause.
06.02.2007 um 9:59 Uhr
Tag Frau Lanfer,
also das hier ist an sich keine Löeserbriefspalte vom Zwiebelfisch. Ich hab ihn nur mal interviewt 😉 D.h. Herr Sick wird das hier (wahrscheinlichst) nicht lesen 😉
Leserbriefe sollen glaube ich an zwiebelfisch @ spiegel.de (Leerzeichen raus 😉 )
05.06.2007 um 14:04 Uhr
… wenn man schon mit Wörtern wie „Genetiv“ und „Dativ“ die deutsche Sprache erklären muss …
22.08.2009 um 10:31 Uhr
1. Kaisssser Günter = was ist denn das für’n Verwirrter?