Freitag, 03.03.2006 | 09:36 Uhr

Autor: Oliver Gassner

Scharfsinnige Schafsköpfe: Leonie Swann – ‚Glenkill‘ ein Schafskrimi

Glennkill Ein SchafskrimiLeonie Swann stellt im Vaihinger Kern-Keller ihren Schafskrimi „Glenkill“vor

Die Hände des Metzgers riechen nach Blut und jedes der Schafe von Glennkill in Irland würde ihm zutrauen, dass er es war, der ihren Schäfer auf einen Spaten aufgespießt hat. Aber er war es nicht.
Im Spitalkeller unter der Buchhandlung Kern stellt Leonie Swann aus Berlin ihren Schafkrimi „Glennkill“ vor, eine der Entdeckungen dieses Jahres.
Während sich Tiere wie Katzen und Hunde als Detektive geradezu anbieten scheint das bei Schafen nicht gerade nahe zu liegen. Ein Aufenthalt in Irland vor einigen Jahren brachte Leonie Swann auf Tuchfühlung mit den persönlichkeitsstarken Tieren – meist in der Form, dass sie auf der Straße standen und den Weg fürs Auto nicht freigaben.
Unter der Anleitung der schafsfelligen Detektivin Miss Maple macht sich die Herde daran, die Menschen zu belauschen, die sich auf ihrer Weide herumtreiben und die mutigsten unter ihnen wagen sich bei ihren Ermittlungen sogar ins Dorf. Und da ihr wissen über die Menschheit beschränkt ist, kommen sie gelegentlich zu waghalsigen Schlussfolgerungen.
Mit einer ganzen Portion schwarzem Humor und geistreichen Anspielungen lotst Leonie Swann ihre grasenden Heldinnen und Helden durch das Buch. Sie lässt sie philosophische Probleme wälzen wie: „Haben Menschen einen Seele?“ und verpasst einer ganzen Reihe ihrer Figuren Namen aus der englischen Literaturgeschichte – schließlich hat Swann englisch studiert. Miss Maple spielt natürlich auf die Miss Marple von Agatha Christie an, Othello ist ein schwarzes Schaf, Melmoth eine geheimnisvolle Figur stammt aus einem Schauerroman des 19. Jahrhunderts, die Hauptfigur der Liebesromane trägt den Namen der Heldin des ersten Briefromans und der Leithammel Sir Richfield ist Namensvetter eines Schauspielers aus Horror-Klassikern.
Der Text sprüht gleichsam vor originellen Ideen, so, dass der Schäfer den Schafen Liebesromane (und ein Buch über Schafskrankheiten und einen halben Krimi) vorliest, eine eigene Schafsmythologie mit Wolfsgeist und einem Wolkenschaf-Paradies und natürlich die Schafs-Philosophie, die folgerichtig lehrt, dass die Seele im Geruchssinn sitzt und das Nase-Seele-Problem diskutiert.
Ihre Kenntnisse über das Wesen des Schafes hat Leonie Swann nicht nur aus Begegnungen auf der Landstraße. Sie hat auch Bücher in Bibliotheken gewälzt und ist extra nochmals vier Monate nach Irland gefahren und hat mit Schäferinnen und Schäfern geredet und Schafe beobachtet.

Glennkill. 5 Audio CDs Und das merkt man dem Buch an. Die Szenen sind voller kleiner Gestern und Details, die man sich beim besten Willen nicht alle ausdenken kann. Und es ist schön, dass ein Buch mit Humor und Geist gleichzeitig auch dann in Deutschland Erfolg haben kann, wenn es nicht vorher aus dem Englischen übersetzt wurde. Die Engländer wiederum fanden offenbar den Krimi so gut, dass er im Sommer auch dort in Übersetzung erscheint und auch in zehn andere Länder wurden Lizenzen verkauft. Leonie Swann (Löwe + Schwan, ein Pseudonym und angeblich nicht auf Proust bezogen) will sich weder auf das Thema Irland („Ich bin kein Irland-Monomane!“) noch auf die Schafe festlegen lassen. Sie hat schon mehr als genug andere Idee im Lockenkopf, die die weiteren Bücher füllen sollen. Wir bleiben amüsiert gespannt – auch auf die (bisher wohl nicht geplante) Verfilmung von „Glennkill“, für die wir uns Dirk Bach als Leithammel und ein Inge-Meysel-Double als Miss Maple wünschen.

Leonie Swann: Glennkill. Ein Schafskrimi. Goldmann., ISBN: 3-442-30129-8, 380 seiten, Hardcover. 17,90 EUR,

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7 Kommentare

  1. ferdi Says:

    die Knallcharge Dirk Bach und die eingebildete Frau Meysel (Friede ihrer Asche) passen zu dem Geist dieses Buches wie Sheepshit auf eine Sahnetorte.
    – die Rezension ist gut, sie gibt ziemlich genau wieder, was auch ich beim Hören des Buches empfunden habe – aber diese beiden Namen zum Schluss zu erwähnen, das ist ein faux-pas.

  2. GAFCOT Says:

    Stimmt, sogar ein faux-pas-de-deux.
    Tolles Buch!

  3. Oliver Gassner Says:

    Mir war halt am Ende der Rezi eeetwas albern zumute und da der Redakteur es drinließ…. 😉 ZUdem ist wohl Ironie… naja egal.

  4. toto Says:

    Steht den jetzt eine Verfilmung in Frage???Ich würde ja Nick Park und seine Firma Aardman Animation vorschlagen….(wallace & Gromit), der würde das Buch charakterlich sicherlich am besten darstellen….

  5. Oliver Gassner Says:

    No idea wie weit das ist. Ich fände ja was mit realviechern cool. so wie diese Hund-undKatze reisen durch die welt Filme…

  6. Krimiwettbewerbe « krimi.krimi Says:

    […] einer Anthologie veröffentlicht. Was mich an der Sache fasziniert: Ich vermute einmal, dass hier “Glennkill” von Leonie Swann Pate gestanden ist. Es handelt sich um einen Schafskrimi, deshalb steht auch drauf […]

  7. jenni Says:

    Nick Park wäre klasse, mit Schafen kennt er sich auch schon aus, siehe „Shaun the sheep“!

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