Samstag, 02.06.2007 | 14:14 Uhr

Autor: Andreas Schröter

John O’Hara: Begegnung in Samarra

DBC Pierre: »Bunny und Blair« Für das Magazin „Time“ gehörte John O’Haras „Begegnung in Samarra“ von 1934 zu den 100 bedeutendsten Romanen der englischsprachigen Literatur. Jetzt ist dieses Werk erfreulicherweise im Beck-Verlag in neuer deutscher Übersetzung erschienen.

„Begegnung in Samarra“ ist ein Gesellschaftsroman, der die Verhältnisse in der US-Kleinstadt Gibbsville aufs Korn nimmt. Gibbsville ist ein Synonym für Pottsville in Pennsylvania, dem der Autor entstammt. Man kann davon ausgehen, dass O’Hara viel Autobiographisches in seinen Text eingearbeitet hat. Im Mittelpunkt steht der Cadillac-Händler Julian English, der sich zu Alkohol und Frauen hingezogen fühlt. In den drei Tagen der Romanhandlung – die Tage um Weihnachten 1930 – ist er gleich dreimal sturzbetrunken und besucht mehrere Partys und Tanzveranstaltungen. Im Vollrausch schüttet er einem einflussreichen Mitglied der Gesellschaft ein Glas Whiskey ins Gesicht. Von da an geht’s bergab … Wie der Roman endet, kann sich jeder denken, der den einleitenden Kurztext von Wiliam Somerset Maugham gelesen hat, auf das sich der Titel bezieht: In Samarra (das ansonsten im Roman keine Erwähnung mehr findet) trifft man den Tod.

John O’Haras Stärken liegen in der brillanten Dialogführung und in einer genauen Beobachtungsgabe der menschlichen Psyche. Der große Ernest Hemingway schrieb damals: „Wenn Sie das Buch eines Autors lesen wollen, der wirklich weiß, worüber er schreibt und das auch noch großartig kann, dann lesen Sie ,Begegnung in Samarra‘ von John O’Hara.“ Gemeint sind damit sicherlich auch die genauen Kenntnisse O’Haras über die mafiösen Strukturen einer amerikanischen Kleinstadt in den Zeiten der Prohibition. Auch F. Scott Fitzgerald hat das Buch gelobt. Und tatsächlich erinnert es thematisch und vom Erzählduktus her ein wenig an „Der große Gatsby“.

Die nun vorliegende Neufassung ist mit einem interessanten Nachwort versehen, in dem John Updike seinen Autorenkollegen John O’Hara (1905 – 1970) näher beschreibt. Demnach führte O’Hara ein ähnlich unstetes Leben wie sein Held Julian English. Er arbeitete in zig verschiedenen Jobs, oft als Journalist, flog aber bei mehreren Zeitungen mitunter nach wenigen Wochen wegen Unpünktlichkeit und Starrköpfigkeit wieder raus. Auf seinen Grabstein ließ er sich folgenden unbescheidenen Spruch meißeln: „Besser als jeder andere erzählte er die Wahrheit über seine Zeit, die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Er war ein Profi. Er schrieb ehrlich und gut.“

Nun, zumindest für „Begegnung in Samarra“ stimmt’s.

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John O’Hara: Begegnung in Samarra.
Verlag C.H. Beck, München, Februar 2007.
319 Seiten, Hardcover.

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